Entwicklungsminister droht mit Regulierung

Entwicklungsminister droht mit Regulierung

Nachhaltigkeit per Gesetz? Gerd Müllers Vorschlag zu einem „Nachhaltigen Wertschöpfungskettengesetz“ findet nirgends Freunde. Entwarnung bedeutet das aber nicht. Der "Nationale Aktionsplan" verlangt weiteres Engagement der Wirtschaft.

Nachhaltigkeit per Gesetz?

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte verpflichten sich deutsche Unternehmen freiwillig zu menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Sorgfalt. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller gehen die Anstrengungen der Wirtschaft nicht weit genug. Mit einem „Nachhaltigen Wertschöpfungskettengesetz“ tüftelte er bereits an harten Sanktionen. Doch die Pläne stoßen auf harte Kritik.

Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte (NAP) beschlossen. Konkretes Ziel des NAP ist, dass bis 2020 mindestens 50 Prozent aller deutschen Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern „menschenrechtliche Sorgfalt“ nachweislich in ihre Unternehmensprozesse integrieren. Bundesminister Müller findet die Maßnahmen zu schleppend und würde die Wirtschaft gerne per Gesetz in die Haftung nehmen. Im Februar gab er Vorschläge für ein so genanntes „Nachhaltiges Wert¬schöpfungskettengesetz“ (NaWKG) bekannt. Der Entwurf, den der Minister inzwischen nur noch als „Rechtsgutachten“ bezeichnen will, fiel bei der Wirtschaft genauso durch wie bei anderen Ressorts und seiner eigenen Partei-Fraktion.

 

Was bedeutet der Nationale Aktionsplan für die Branche?

Der NAP legt fest, dass 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Mitarbeitern die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt nachweislich in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Falls die Überprüfung 2020 zum Ergebnis kommt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung nicht ausreicht, soll die Wirtschaft per Gesetz zu Maßnahmen verpflichtet werden. Anfang Dezember erreichte deswegen ein Brief der fünf Bundesminister Heiko Maas (Auswärtiges Amt), Olaf Scholz (Finanzen), Peter Altmaier (Wirtschaft), Hubertus Heil (Arbeit und Soziales) und Gerd Müller (Entwicklungshilfe) Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Das Schreiben sollte die Firmen auf Stichprobenziehungen im Mai 2019 und Anfang 2020 vorbereiten und stellte gesetzliche Maßnahmen in Aussicht, falls die Untersuchung zeigt, dass das 50-Prozent-Ziel nicht erreicht wird.

 

Die wichtigsten NAP-Anforderungen

1. Grundsatzerklärung, in der sich Unternehmen öffentlich zur Achtung der Menschenrechte bekennen
2. Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf Menschenrechte
3. Maßnahmen und Wirksamkeitskontrolle, die von internen Schulungen über den Beitritt zu Menschenrechtsinitiativen bis hin zum Lieferantenwechsel reicht
4. Berichterstattungspflicht über die Wirkung des unternehmerischen Handelns
5. Etablierung eines Beschwerdemechanismus für Menschenrechtsverletzungen

 

Auch kleinere Firmen sollten sich wappnen

Bei der Umsetzung der Maßnahmen geht es nicht nur um das einzelne Unternehmen, sondern um die gesamte Lieferkette. Das bedeutet, dass auch KMU mit weniger als 500 Mitarbeitern als Zulieferer indirekt betroffen sein können.

 

Gesamtmasche meint: Gesetzliche Regulierung würde die freiwilligen Maßnahmen zahlreicher Textil- und Modeunternehmen zu ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Sorgfalt konterkarieren. Der Gesetzentwurf birgt immense Risiken für die Investitionssicherheit. Der Beschwerdemechanismus heißt im Klartext, dass Unternehmen den Beistand von Beschwerdeführern sicherstellen müssen. Das ist für mittelständische Unternehmen kaum machbar. In Verbindung mit drohenden Geldbußen und möglichen Freiheitsstrafen für Compliance-Beauftragte würde dies dazu führen, dass sich Firmen aus Entwicklungsländern zurückziehen. Diesen Effekt wünscht sich die Entwicklungspolitik sicher nicht.