Hersteller sehen den Internethandel mit den von Ihnen hergestellten Produkten in Bezug auf das Markenimage und den Preisverfall oft kritisch. So finden sich in manchen Vertriebsverträgen auch Regelungen über die Beschränkung des Onlinehandels. Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Vereinbarungen zwischen Herstellern und Händlern unterfallen als vertikale Beschränkungen nämlich dem Kartellverbot.
Anderes gilt, wenn die Anteile des Herstellers auf dem Verkaufsmarkt und die des Händlers auf dem Einkaufsmarkt jeweils nicht höher als 30 Prozent sind und die Vereinbarung keine sogenannte „Kernbeschränkung“ betrifft. Als Kernbeschränkung gilt dabei jede Beschränkung des „passiven Verkaufs“, also des Verkaufs, in welchem der Händler auf Anfrage des Kunden tätig wird. Den Betrieb einer Website ordnet die EU-Kommission in ihren Vertikal-Leitlinien dem passiven Verkauf zu. Eine vertragliche Begrenzung des Onlinehandels eines Händlers durch den Hersteller ist deshalb verboten und kann sowohl bußgeld- als auch schadenersatzrechtliche Konsequenzen haben.
Zulässig ist es, ein oder mehrere Offline-Verkaufspunkte beim Händler einzufordern, Qualitätsanforderungen an diese Ladengeschäfte zu stellen oder vergleichbare Anforderungen an den Onlineshop des Händlers. Letzteres kann von der Gestaltung der Webseite bis zum Online- Serviceangebot gehen. Auch können für den Offlinehandel Vorgaben nach Wert oder Menge des Verkaufes gemacht werden, allerdings ohne den Onlinehandel zu begrenzen.
Nach der sog. Coty-Entscheidung des EuGH schien es nunmehr auch zulässig, dass der Hersteller dem Händler zumindest den Verkauf über Online-Marktplätze für Einzelhändler (z.B. Amazon Marketplace oder eBay) verbieten könne. Der EuGH hatte in seiner Entscheidung nämlich Plattformverbote bei entsprechend fehlendem Marktanteil gerade nicht als Kernbeschränkung qualifiziert. Zu dieser Entscheidung hat nunmehr aber auch das deutsche Bundeskartellamt Stellung bezogen: In der im Oktober 2018 erschienen Veröffentlichung in der Schriftenreihe „Wettbewerb und Verbraucherschutz in der digitalen Wirtschaft“ weist das Bundeskartellamt auf die Besonderheiten des deutschen Marktes hin.
Im Gegensatz zum EU-Durchschnitt würde im deutschen Markt nicht der eigene Onlineshop im Rahmen des Internetvertriebes den wichtigsten Vertriebskanal darstellen, sondern Plattformen. Dies hat tatsächlich auch der Abschlussbericht der Europäischen Kommission über die Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel ergeben. Hier war Deutschland mit 62 Prozent Plattformnutzung führend, vor UK (43 Prozent), Polen (36 Prozent) oder etwa Italien (13 Prozent). Plattformverbote könnten nach Ansicht des Bundeskartellamtes deshalb in Deutschland verstärkt zu einer geringeren Auffindbarkeit des Händlers führen und dann auch schnell einem Passivverkaufsverbot gleichkommen. Auch wenn das Bundeskartellamt damit der Entscheidung des EuGH nicht offen widerspricht, wird die enge Auslegung der Entscheidung für den deutschen Markt dennoch deutlich. Eine Verwendung von Plattformverboten bedarf nach der Veröffentlichung des Bundeskartellamtes im deutschen Markt damit einer sehr sorgfältigen Prüfung.
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