Teure Doppelstruktur
Es klingt schon merkwürdig: Textilprodukte, die ohnehin schon zertifiziert sind und ein Gütesiegel tragen, sollen eine Zusatzkennzeichnung durch das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) erhalten. Alleine in den kommenden zweieinhalb Jahren will das BMZ an die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) 8,5 Millionen Euro an Steuergeldern zahlen, um bereits zertifizierte Kleidung mit einem BMZ-Siegel zu versehen. „Damit würde eine teure und unnötige Doppelstruktur geschaffen“ kritisiert Martina Bandte, Präsidentin von Gesamtmasche. „Das hieße nicht nur Geld zu verpulvern, sondern auch, dem Verbraucher falsche Versprechungen zu machen.“ Eine Garantie für die gesamte Wertschöpfungskette „vom Baumwollfeld bis zum Bügel“, die der BMZ-Knopf suggeriert, kann er nämlich längst nicht geben
Nationaler Sonderweg
Auch nach langjähriger Diskussion erscheint das Meta-Siegel nicht als praktikables Instrument für die Unternehmenskommunikation. Zu viele wichtige Fragen sind bisher noch offen. Fest steht lediglich, dass eine teure, zusätzliche Bürokratie geschaffen werden soll. Auch wenn inzwischen der Kontakt in andere Länder gesucht wird, ist das Siegel alleine auf den deutschen Markt konzentriert. Darüber hinaus steht das BMZ inzwischen recht alleine hinter seinen Plänen. Einige Ministerien wollen das Siegel nicht mehr mittragen.
Unkalkulierbare Risiken
Nachdem der Minister den Start des Grünen Knopfes bereits mehrfach vertagt hat, will der Minister das Siegel jetzt am 9. September 2019 offiziell vorstellen. „Der Grüne Knopf startet ab sofort und kann von allen interessierten Unternehmen beantragt werden“, heißt es in einem Schreiben des Entwicklungsministeriums an Textil- und Modeunternehmen. Als Incentive stellt das BMZ Mittel zur anteiligen Übernahme der Prüfkosten in der Pilotphase zur Verfügung gestellt, wobei KMU eine bevorzugte Behandlung erfahren sollen. Sobald die Mittel ausgeschöpft sind, müssen Unternehmen die Kosten der Prüfstellen zu 100 Prozent selbst tragen. Wie hoch die Prüfkosten letztlich sein werden, vor allem wenn im Lauf des Projekts einige Kontrollschrauben enger gedreht werden, weiß niemand.
Mangelnde Unterstützung durch NGOs
Die meisten NGOs stehen dem BMZ-Siegel, wenn auch aus anderen Gründen als die Textilwirtschaft, kritisch-ablehnend gegenüber. Aus ihrer Sicht ist es zu wenig ambitioniert. Einige Organisationen der Zivilgesellschaft, insbesondere die Kampagne Saubere Kleidung, haben sich bereits negativ positioniert. Dies könnte negativ auf Produkten und Unternehmen durchschlagen, die sich für den Grünen Knopf zertifizieren lassen.
Verhaltenes Interesse
Bisher gibt es praktisch keine verbindlichen, lediglich einige an Bedingungen geknüpfte Zusagen von Unternehmen, an dem Siegel teilzunehmen. „Mehrere Dutzend Firmen“ hätten das Zertifikat inzwischen angefordert. Interessiert gezeigt haben sich vor allem einige Marken, die sich durch Öko-Themen profilieren. Daneben gab es zwar Gespräche mit einigen großen Händlern, die jedoch allenfalls unter bestimmten Konditionen mitmachen wollen.
Fazit: Zusatznutzen für Firmen und Verbraucher fraglich
Der sogenannte Grüne Knopf bleibt somit eine nationale Kennzeichnung des Entwicklungsministeriums ohne Zusatznutzen. Er stützt sich auf eine privatwirtschaftliche Siegelgeberstruktur, zu der er sich gleichzeitig in eine unfaire Konkurrenz begibt. Erste Zertifizierer treten die Flucht nach vorn an und werben bei zertifizierten Unternehmen für das BMZ-Siegel. Solange jedoch nicht bekannt ist, wie die Konditionen und Kosten des Siegels am Ende wirklich aussehen, bleibt das Müllersche Siegel eine Katze im Sack. Gleichwohl muss jedes einzelne Unternehmen für sich entscheiden, ob eine Teilnahme an dem Pilotprojekt sinnvoll ist.