Unternehmer, die Produkte aus Auslandsfertigung in der EU verkaufen, sollen eine Abgabe an Brüssel zahlen, wenn bei der Herstellung zu schlechte Löhne bezahlt wurden.
Die Resolution „Eigenmittel: ein Neubeginn für die Finanzen der EU, ein Neubeginn für Europa“ wurde von Valérie Hayer aus Frankreich (Liberale) und José Manuel Fernandes aus Portugal (Christdemokrat) verfasst. Vordergründig sollen neue Eigenmittel die Corona-Hilfen abfedern und die Unterstützung der Ukraine finanzieren. Erheblich schwerer dürften die Gesamtkosten des Green Deal wiegen. Neben einem neuen Unternehmenssteuerrahmen für die Einkommensbesteuerung (BEFIT) sowie Steuern auf Finanztransaktionen und Kryptowährungen schlagen die Abgeordneten daher einen neuen Zoll vor.
Bessere Löhne oder Geld für EU-Haushalt?
Unternehmen, die Arbeitern in ärmeren Ländern zu niedrige Löhne zahlen, sollen eine Fairness-Abgabe entrichten. Das soll Unternehmen hinsichtlich ihrer globalen Lieferketten motivieren, Arbeitnehmern in EU-Ländern – direkt oder indirekt – Löhne über der Armutsgrenze des jeweiligen Landes zu zahlen. Die Abgabe soll aber nicht etwa in Projekte zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer fließen, sondern in den Brüsseler Haushalt. Kontrollieren soll das der Zoll.
Jeweilige Armutsgrenze entscheidend
Mit der jeweiligen Armutsgrenze heben die Abgeordneten nicht nur auf extreme bzw. absolute Armut ab. Die Weltbank hat kürzlich ihre drei globalen Armutsgrenzen auf 2,15 US-Dollar, 3,65 US-Dollar und 6,85 US-Dollar pro Tag aktualisiert. Sie spiegeln die typischen nationalen Armutsgrenzen von Ländern mit niedrigem Einkommen (LIC), niedrigem mittlerem Einkommen (LMIC) und Ländern mit oberem mittlerem Einkommen (UMIC) wider, in Preisen von 2017 und kaufkraftbereinigt. Bangladesch beispielweise zählt zu den von der UN definierten LMIC. Zu den UMIC gehören wiederum Länder wie Albanien, Nord-Mazedonien und Bulgarien.
Mittelstand im Nachteil
Was nach Fairness klingt, würde eine teure Einfuhrbürokratie erzeugen. Bei jedem Einfuhrvorgang aus Drittländern mit niedrigem Einkommen würde ein Prüfmechanismus in Gang gesetzt – auch bei Zahlung auskömmlicher Löhne. Vereinfacht gesagt: Unternehmen müssten bei der Einfuhr aus Entwicklungsländern die Gehaltszettel ihrer Lieferanten vorlegen. Das erscheint kaum praktikabel und würde nicht nur die Einführer, sondern auch die Zollbehörden vor gewaltige Probleme stellen. Darüber hinaus erscheint es für mittelständische Einführer wenig realistisch, Einblick in die Lohnbuchhaltung ihrer ausländischen Lieferanten zu bekommen. Ihnen bleibt im Zweifel nur der Einkauf in der EU – wo es leider nicht (mehr) alle benötigten Waren gibt. Am besten mit derartigen Regularien dürften asiatische Vertikale umgehen können. Sie wenig Probleme mit konzerninterner Offenlegung und können Löhne flexibel an die EU-Anforderungen anpassen.
Vorbild CBAM
Bereits vor drei Jahren hat die EU ein System neuer Eigenmittel vorgestellt, zu deren wesentlichen Elementen die CO2-Grenzsteuer gehört. Was von außen grün aussieht, ist vornehmlich fiskalisch motiviert. Denn trotz bereits gewaltiger Schuldenberge wächst der Haushalt der EU ungebremst. Der Grenzsteuer-Vorschlag galt in Brüssel als einer der größten Erfolge des Haushaltsgipfels im Juli 2020 und wird ab 2026 als Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) umgesetzt.