Geht es nach den Plänen der äthiopischen Regierung, soll das Land schon 2025 einen „middle-income status“ erreichen und zum größten Produktions-Hub Afrikas aufsteigen. Dazu wird reichlich in Infrastruktur (Made in und Paid by China) investiert. Das heutige Billiglohnniveau will dazu nicht passen.
Steuervorteile und günstigen Kredite sollen Investoren anlocken. Europa und die USA fördern die den Handel mit günstigen Zollbedingungen und Projekten. Seit Anfang 2018 verkehren Züge auf der neuen Bahnlinie Addis Abeba–Dschibuti, einer gut 750 km langen, elektrifizierten Eisenbahnstrecke. Die Mittel für die Verbindung mit der Küste kamen überwiegend aus China. PVH investiert, ebenso große Lieferanten bekannter Marken wie Velocity Apparelz Companies oder die Jiangsu Sunshine Group. Die meisten Einkäufer kommen allerdings aus Indien und China.
Ein langer Weg mit harter Konkurrenz
Der Textilsektor in Äthiopien entwickelt sich rasch. Doch es ist noch ein langer Weg bis zum wettbewerbsfähigen Standort. Es gibt Nachteile in der Logistik, eine bemerkenswerte Bürokratiedichte und hohe Kosten bei der Vormaterialbeschaffung. Der äthiopische Textil- und Bekleidungsexport lag 2016 bei 100 Mio. US-Dollar. Achtmal höher lagen die Importe. Die Wettbewerber in Asien liefern Exporte in Zig-Milliarden-Höhe. Die Transportzeit zum Hafen verkürzt sich durch die neue Bahnstrecke um zwei Tage. Dennoch dauert es bis zu 44 Tagen, bis eine Sendung von der äthiopischen Fabrik zum europäischen Abnehmer gelangt. Da ist Ware aus Asien deutlich schneller, obwohl sie viel weiter unterwegs ist. Die Frachtkosten für einen 40‘-Container sind aus Vietnam nicht halb so hoch wie aus Äthiopien. Stoffe und Zutaten müssen fast vollständig im Ausland beschafft werden. Daraus ergeben sich Laufzeiten von ca. 110 Tagen.
Kostenvorteile bei Arbeit und Energie
Äthiopien bietet extrem niedrige Löhne. Eine Arbeitskraft in der Näherei verdient nach Angaben des US Center for Global Development im Jahr durchschnittlich 909 US-Dollar. In Bangladesch sind es 835, in Tansania 1.776 und in Kenia 2.118 US-Dollar. Auch der Strom aus Wasserkraft ist billig: Die Kilowattstunde kostet nur 0,06 US-Dollar. In Kenia liegt der Preis viermal höher.
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