Ein „Nachhaltiges Wertschöpfungskettengesetz“ soll es richten, wenn die deutschen Unternehmen mit ihrer Selbstverpflichtung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte nicht die geplanten Fortschritte machen.
Im Februar hat Bundesminister Gerd Müller ein so genanntes „Nachhaltiges Wertschöpfungskettengesetz“ (NaWKG) auf den Weg gebracht. Noch bevor das NaWKG in den ordentlichen Gesetzgebungsprozess eingebracht ist, schlägt es hohe Wellen. Hintergrund ist der Nationale Aktionsplan für Menschenrechte (NAP), den die Bundesregierung vor zwei Jahren beschlossen hat. Konkretes Ziel des NAP ist, dass bis 2020 mindestens 50 Prozent aller deutschen Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern „menschenrechtliche Sorgfalt“ nachweislich in ihre Unternehmensprozesse integrieren.
Bereits Anfang Dezember erreichte ein Brief der fünf Bundesminister Heiko Maas (Auswärtiges Amt), Olaf Scholz (Finanzen), Peter Altmaier (Wirtschaft), Hubertus Heil (Arbeit und Soziales) und Gerd Müller (Entwicklungshilfe) Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Das Schreiben sollte die Firmen auf Stichprobenziehungen im Mai 2019 und Anfang 2020 vorbereiten und stellte gesetzliche Maßnahmen in Aussicht, falls die Untersuchung zeigt, dass das 50-Prozent-Ziel nicht erreicht wird.
Wen betrifft der Gesetzentwurf?
Das „Gesetz zur Regelung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten in globalen Wertschöpfungsketten“ soll Anwendung finden auf Unternehmen und deren Geschäftstätigkeit im Ausland mit satzungsmäßigem Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in Deutschland:
a) „Großunternehmen“ nach § 267 Nr. 3 HGB mit mehr als 250 Mitarbeitern und/oder mehr als 40 Mio. EUR Umsatz und/oder mehr als 20 Mio. EUR Bilanzsumme und
b) Sonstige Unternehmen, die selbst oder durch beherrschte Unternehmen in einem „Hochrisikosektor“ tätig sind; dazu gehört nach Definition des NaWKG die Herstellung von Textilien, Bekleidung, Leder, Lederwaren und Schuhen.
Was wird von den Unternehmen gefordert?
Um ihren Pflichten zum Schutz der Menschenrechte und der Einhaltung grundlegender Anforderungen des Umweltschutzes gerecht zu werden, sollen Unternehmen eine Risikoanalyse, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, einen Compliance-Beauftragten, einen Beschwerdemechanismus sowie ein System des Hinweisgeberschutzes etablieren. Als Sanktionsmechanismen bei Nicht-Einhaltung sind Bußgelder bis 5 Mio. Euro, Strafvorschriften für Compliance-Beauftragte und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen vorgesehen.
Gesamtmasche meint: Gesetzliche Regulierung würde die freiwilligen Maßnahmen zahlreicher Textil- und Modeunternehmen zu ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Sorgfalt konterkarieren. Der Gesetzentwurf birgt immense Risiken für die Investitionssicherheit. Der Beschwerdemechanismus heißt im Klartext, dass Unternehmen den Beistand von Beschwerdeführern sicherstellen müssen. Das ist für mittelständische Unternehmen kaum machbar. In Verbindung mit drohenden Geldbußen und möglichen Freiheitsstrafen für Compliance-Beauftragte würde dies dazu führen, dass sich Firmen aus Entwicklungsländern zurückziehen. Diesen Effekt wünscht sich die Entwicklungspolitik sicher nicht.