Textilstandort Usbekistan

Textilstandort Usbekistan

Usbekistan setzt auf eine vollstufige textile Kette. Seine Baumwollfasern und -garne will das Land bald fast vollständig selbst verarbeiten.

Die usbekische Wirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Die neue Regierung unter Präsident Shawkat Mirsijojew leitete Ende 2016 eine umfassende Öffnung des Landes ein. In der Textilindustrie setzt Usbekistan auf die Errichtung von Industrie-Clustern, die alle Produktionsstufen abdecken. Ziel dieser Initiative ist es, die heimischen Baumwollfasern, von denen Usbekistan jährlich ca. 800.000 Tonnen produziert, sukzessive im Land zu verarbeiten.

Das bevölkerungsreichste Land in Zentralasien gewinnt als Wirtschaftsstandort deutlich an Attraktivität. Insgesamt sollen in den Jahren 2018 bis 2021 etwa 2,5 Mrd. US-Dollar in die Modernisierung und den Ausbau der Textil- und Bekleidungsindustrie investiert werden. Längst geben sich ausländische Firmendelegationen die Klinke in die Hand. Das investitionsträchtige Branchenprogramm sowie zahlreiche neue Gewerbegebiete mit Steuerpräferenzen für die Firmenansiedelung bieten Liefer- und Kooperationschancen. Das zentrale Regierungsprogramm für 2019 umfasst unter der Rubrik ausländische Direktinvestitionen in der Textil- und Bekleidungsbranche zehn Projekte mit einem Wert von 620 Millionen US-Dollar. Die Investoren kommen vorrangig aus der Türkei, aus Südkorea, China und Singapur. Germany Trade & Invest rät deutschen Firmen dazu, „sich frühzeitig an den geplanten Projekten aller Branchen zu beteiligen“.

Usbekistan packt umfassende Wirtschaftsreformen an
Zum Reformpaket der usbekischen Regierung gehören ein entbürokratisierter Außenhandel und ein verbesserter Rechtsrahmen für private Geschäftstätigkeit. Firmenprüfungen durch staatliche Behörden gibt es nicht mehr. Viele nichttarifäre Handelshemmnisse wurden beseitigt. Im September 2017 trat eine Währungsreform in Kraft. Seitdem gilt ein einheitlicher Wechselkurs, und ausländische Firmen haben keine Probleme mehr mit der Konvertierung. Die Verfahren für Handelsgeschäfte wurden durch den Abbau von Ex- und Importlizenzen, den Wegfall der obligatorischen Vorversandkontrolle und eine vereinfachte Zahlungsabwicklung gestrafft. Vor Ort tätige internationale Speditionsunternehmen bestätigen die beachtlichen Fortschritte bei der Abwicklung von Ex- und Importen nach und aus Usbekistan. In den Jahren 2019 bis 2021 sollen an der Landesgrenze neun neue Zollterminals entstehen.

Reformwillige Usbeken

Mit 33 Millionen Einwohnern ist das Land der größte Markt in Zentralasien. 
Der mehr als zwei Jahrzehnte andauernde Reformstau und die über viele Jahre betriebene 
Abschottungspolitik sind endlich Geschichte. 
Für deutsche Staatsangehörige ist die Einreise nach Usbekistan einfacher geworden. 
Seit dem 15. Januar 2019 benötigen Reisende für Aufenthalte von jeweils bis zu 
30 Tagen - unabhängig vom Reisezweck - kein Visum mehr. 

Chancen für Automobilzulieferer
Usbekistans Fahrzeugindustrie wird in den kommenden Jahren breiter aufgestellt. Aktuell laufen ca. 150.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Nutzfahrzeugbau. Zahlreiche internationale Hersteller aus den USA, Europa und Asien sind bereits mit Produktion am Standort vertreten. Usbekistans Fahrzeugkonzern, die staatliche Aktiengesellschaft für die Kfz-Industrie, O´zavtosanoat, will von 2018 bis 2021 zehn Investitionsvorhaben realisieren. Die Projekte haben einen Wert über 300 Millionen US-Dollar. Knapp 50 Millionen US-Dollar sind für den Ausbau der Zulieferindustrie bestimmt.

Große Pläne: Strukturelle Veränderung der textilen Produktionskette

Usbekische Delegation zu Gast bei Gesamtmasche

Am 11. Januar 2019 besuchte eine Delegation des usbekischen Textilverbandes Uztextileprom Gesamtmasche. Teil des Programms war die Besichtigung der Staatlichen Modeschule Stuttgart. Die usbekischen Gäste betonten die Pläne zum Auf- und Ausbau der textilen Kette. Dies stehe in direktem Zusammenhang mit dem erklärten Ziel der Regierung, mehr Wertschöpfung und gleichzeitig Arbeitsplätze im Land zu schaffen. Vom Baumwoll- und Garnexporteur will sich Usbekistan zum Produzenten textiler Fertigwaren entwickeln. Hierzu wurden bereits umfassende Investitionen in modernste Anlagen investiert. Gesamtmasche tauscht sich seit 2010 regelmäßig mit den usbekischen Kollegen aus. Nach dem Regierungswechsel und nach wirksamen Maßnahmen gegen Kinder- und Zwangsarbeit bei der usbekischen Baumwollernte sind die Kontakte seit 2017 intensiver geworden.

     

Verbändetreffen: Uztextileprom aus Taschkent zu Besuch bei Gesamtmasche, hier bei der Besichtigung der Staatlichen Modeschule. V. l. n. r.: Denys Dmytriyev (Groz-Beckert), Mukhammadsaidov Bakhtiyor (Uztextileprom), José Neto (IHK Stuttgart), Sabine Dirlewanger (Staatliche Modeschule Stuttgart), Martina Bandte (Karl Conzelmann), Shkhzoda Kuchkarova (Uztextileprom), Utkir Ruziyev (Khantex Group), Anja Barth (Gesamtmasche).

“There is no systematic use of child labour in the cotton harvest in Uzbekistan

and significant measures to end forced labour are being implemented”

ILO-Report an die Weltbank (Feb. 2018) zur Baumwollernte in Usbekistan
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