Brexit: Informationen zu Präferenzursprung und Zoll

Brexit: Informationen zu Präferenzursprung und Zoll

Nach der Annahme des Brexit-Deals durch das britische Unterhaus und die EU tritt das Vereinigte Königreich zum 31. Januar 2020 aus der EU aus. Durch die Übergangsphase bis Ende 2020 wird sich im laufenden Jahr trotz des Austritts nur wenig spürbar ändern – möglicherweise mit der wichtigen Ausnahme der Lieferantenerklärungen. Was ab 2021 gilt, ist noch offen.

Nach Ablauf der Übergangsfrist entsteht, unabhängig von einem möglicherweise verhandelten Freihandelsabkommen, eine Grenze. Das bedeutet für Exporteure und Importeure Zollformalitäten und Beachtung des Zollrechts. Dadurch entstehen den Wirtschaftsakteuren Mehraufwand und Kosten. Eine besondere Umstellung ergibt sich für Firmen, die bisher ausschließlich im EU-Binnenmarkt tätig sind.

Der Brexit hat Konsequenzen für präferenzielle Ursprungsregelungen

  1. Brexit mit Austrittsabkommen: das VK ist nicht mehr Mitglied der EU, damit ist es auch nicht mehr Vertragspartner der Handelsabkommen. Die EU will die Handelspartner bitten, VK während der Übergangsperiode weiterhin als EU-Mitglied zu behandeln. Nur wenn dies akzeptiert wird bzw. wenn die Handelspartner von sich aus entsprechende Bekundungen verlautbaren, ändert sich während der Übergangsperiode nichts (Lieferantenerklärungen gelten weiter, Ursprungserklärungen in Partnerländer werden weiter ausgestellt). Wie die Handhabung sich tatsächlich entwickelt, wird erst die Praxis zeigen.
  2. Brexit nach Übergangsfrist: Waren des VK sind ab dem Austrittsdatum bzw. spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist keine EU-Waren mehr und folglich nicht mehr präferenzberechtigt. Das gilt nach Ansicht der EU auch für VK-Waren, die sich bereits vor dem Brexit im Gebiet der EU27 befinden. Unsere Forderung nach einer Stichtagslösung scheint nicht angenommen zu werden. Das hat Auswirkungen auf die Präferenzkalkulation. Vormaterialen aus dem VK gelten damit als Vormaterialen ohne Ursprung und Be- und Verarbeitungen im VK sind nicht (mehr) ursprungsbegründend.

Die Aufhebung des präferenziellen Ursprungs führt dazu, dass bei einem harten Brexit in der EU27 Lagerware und verbaute Ware ihren präferenziellen Ursprung verliert. Gegebenenfalls müsste die Präferenzbestimmung neu durchgeführt werden.

Lieferantenerklärungen

Lieferantenerklärungen aus dem VK werden nach dem Brexit und dem Ablauf der Übergangsfrist grundsätzlich ungültig, es sei den, der Lieferant aus dem VK versichert, dass es sich bei der Ware um EU27-Ware gehandelt hat. Ob das funktioniert, muss sich noch zeigen.

Lieferantenerklärungen aus der EU-27 gelten normal weiter. Sollte in der Erklärung allerdings neben dem präferenziellen Ursprung „Europäische Union” auch ein Hinweis auf VK oder GB enthalten sein, hätte der Empfänger der Lieferantenerklärung Kenntnis über den “VK-Ursprung”, mit der Folge, dass diese Ware ihre Präferenzeigenschaft verliert. Falls eine Lieferantenerklärung aus der EU27 nur die Ursprungsangabe Europäische Union enthält, gibt es keinen Anlass nachzuforschen, ob es sich vielleicht um VK-Ware handeln könnte. Der Lieferant wäre in der Pflicht, darüber gegebenenfalls zu informieren.

Zölle im VK nach der Übergangsfrist

Die EU hat in ihrer Marktzugangsdatenbank bereits die Angaben zu „United Kingdom” eingepflegt. Dort lassen sich ab sofort Einfuhrbestimmungen und Zollabgaben des VK unkompliziert recherchieren. Diese würden im Falle eines Brexit ohne Freihandelsabkommen nach Auslaufen der Übergangsfrist auch für EU-Exporteure gelten.

Zolltarif des VK
Das VK hat seinen Zolltarif veröffentlicht. Die meisten Waren sind in diesem bei der Einfuhr in das VK zollfrei. Davon ausgenommen sind u. a. jedoch Bekleidungswaren.

Zollverfahren des VK für EU-Importe
Für den Fall eines ungeregelten Brexit hat die Regierung des VK ein vereinfachtes Verfahren (TSP) für Einfuhren aus der EU angekündigt. Die EU-Verfahren werden ohne Vereinfachung laufen.

Zollanmeldungen

2020 werden die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich verhandelt. Die Frist ist extrem kurz. Für den Warenverkehr würde ein Abkommen im wesentlichen regeln, ob und unter welchen Voraussetzungen Zölle erhoben werden und ob es Mengenbeschränkungen für bestimmte Waren gibt. Besonders wichtig ist auch die Frage, ob sich die bestehenden gemeinsamen Normen und Standards auseinanderentwickeln oder ob diese künftig gegenseitig anerkannt werden.

Unabhängig vom Ergebnis der Verhandlungen ist, dass es nach dem Ablauf der Übergangsfrist eine Zollabfertigung geben muss.

Das bedeutet für die Ausfuhr aus der EU nach VK:

  • Ausfuhranmeldung und
  • Registrierung mit EORI-Nummer sowie
  • Zollsoftware (zum Beispiel ATLAS) für die elektronische Abwicklung werden fällig. Zulassung sowie Artikelstammdaten und Codierungen werden dafür benötigt, alternativ: Internetzollanmeldung IAA+ (mittels Elster-Online-Zertifikat)
  • Ausfuhrgenehmigungen werden gegebenenfalls für sensible Güter benötigt
  • Umsatzsteuerliche Folgen: EU-Richtlinien verlieren Geltung
  • in VK erfolgt eine Einfuhrabfertigung. Die Höhe der Zölle richtet sich grundsätzlich nach dem VK-Zolltarif. Dieser wird sich am EU-Tarif orientieren oder niedriger sein. Aktuell ist geplant, dass die VK-Zölle während einer Übergangszeit ausgesetzt werden sollen. 

Das bedeutet für die Einfuhr in die EU aus VK:

  • Ausfuhrabfertigung VK
  • Einfuhranmeldung sowie
  • EU-Zölle (Einfuhrumsatzsteuer, eventuell Verbrauchsteuer) werden fällig.
  • Je nach Warenart werden zusätzliche Lizenzen, Nachweise oder Zertifikate erforderlich.

Der deutsche Zoll hat Details für Zollanmeldungen in ATLAS (Teilnehmerinformation 1787/19) veröffentlicht. Anmeldungen für Ein- und Ausfuhren sind nach dem harten Brexit möglich, Ländercode ist “GB”, bei der Ausfuhr ist die Art der Anmeldung “EU”. Die EU hat für verschiedene Themengebiete Informationen in ihren Preparedness-Notices zusammengestellt.

In einem Zoll-Leitfaden informiert die Generaldirektion Zoll und Steuern Unternehmen über die Auswirkungen der neuen Grenze für den Warenverkehr.

Zollverwaltungen gefordert
Insbesondere die britische Zollverwaltung steht vor großen Herausforderungen. In einem Bericht des britischen National Audit Office „The UK border: preparedness for EU exit” wird diagnostiziert, dass die Grenzabfertigung für den Zeitraum von mindestens zwei Jahren suboptimal sein wird. Auch auf Seiten der EU27 dürfte es zu Engpässen kommen, beispielsweise an den neuen Grenzzollstellen, bei der Erstellung des Ausgangsvermerks und beim Import von Paketsendungen.

Lieferbedingungen überprüfen
Im Binnenmarkt ist das Risiko einer Lieferbedingung „frei Haus“ oder DDP überschaubar. Im Warenverkehr mit einem Drittland bedeutet es, dass der Lieferant Kosten und Risiko der Zollabfertigung trägt und sich ggf. im Empfängerland steuerlich registrieren muss. Die Kosten sind mit dem vereinbarten „frei Haus“-Preis abgegolten. Dies sollte bei Vereinbarungen für die Zeit nach dem Brexit berücksichtigt werden.

Betroffene Warenverkehre
Wenn das VK ein Drittland wird, sind alle Warenverkehre davon betroffen, nicht nur endgültige Ausfuhren oder Einfuhren. Zollabfertigung auf beiden Seiten des Ärmelkanals und auf der irischen Insel wird es geben müssen für:

  • Reparaturen
  • Berufsausrüstung
  • Messegüter
  • Lagerbewegungen
  •  usw.

Beispiel: Falls nach Ablauf der Übergangsfrist Wartungsarbeiten an einer Maschine im VK durchgeführt werden sollen, muss die mitgeführte Berufsausrüstung vier mal zollrechtlich abgefertigt werden: Ausfuhr EU, Einfuhr VK, Wiederausfuhr VK, Wiedereinfuhr EU. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der zollrechtlichen Abfertigung mit Carnet ATA oder auch ohne.

Rückwaren
Wenn Waren aus dem VK nach dem Brexit in die EU27 zurückkommen, sollten nach den ursprünglichen Planungen Zölle und Steuern anfallen. Die normalerweise übliche abgabenfreie Einfuhr als Rückware war nicht vorgesehen. Nun ist sie möglich, wir haben uns bei der EU erfolgreich für eine analoge Anwendung der Rückwarenregelung eingesetzt.

Vorsorgemaßnahmen
Warenverkehre zum Zeitpunkt des Ablaufs der Übergangsfrist sind besonders heikel. Klar ist – bei einem Ablauf der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2020, dass bei einer Lieferung am 1. Januar 2021 Ausfuhr- bzw. Einfuhrformalitäten zu erfüllen sind. Die Vorsorgemöglichkeiten sind beschränkt. Neben temporären Werksschließungen werden vor allem die Vorräte für kritische Waren aufgestockt bzw. angelegt. Wegen fehlender Kapazitäten sowohl in der Vorproduktion als auch im Lager ist dies oft nur eingeschränkt möglich.