Bald 20.000 US-Dollar pro Container?

Der Preisindex für Fracht von Ostasien nach Nordeuropa hat in der zweiten Juliwoche schwindelnde Höhen erklommen. Die hohen Kosten machen Textilgeschäfte zusehends unrentabel. Die Branche orientiert sich neu.

Bereits in der ersten Juliwoche wurden Preisspitzen von über 18.500 US-Dollar pro 40‘-Container aufgerufen. Zu den regulären Frachtraten kommen derzeit „Prämien“, sprich: Zuschläge, ohne die die Spediteure nicht mehr an Container herankommen. Die 20.000 US-$-Marke dürfte daher praktisch schon durchbrochen sein. Nur noch ein geringer Prozentsatz der Kapazität kann mit im Voraus gebuchten Kapazitäten zu niedrigeren Preisen abgewickelt werden.

Niveau bleibt hoch

Angesichts anhaltender pandemiebedingter Verzögerungen und Schließungen, einer ungebrochenen Nachfrage nach Seefracht von Asien in die USA und nach Europa und aufgrund mangelnder Kapazität bleiben die Seefrachtpreise hoch und die Transitzeiten volatil. Marktkenner gehen davon aus, dass sich die Preisspirale noch weiterdreht und das extrem hohe Preisniveau bis mindestens Chinesisch Neujahr 2022 fortbesteht. Erst dann, so die Experten, dürfte der Nachholbedarf vieler Hersteller und Händler beim Nachschub aus Asien befriedigt sein.

Seefracht-Kapazitäten bleiben zu niedrig – Luftfracht wird beliebter

Zwar stocken einige große Carrier dringend benötigte Kapazitäten auf, auch auf Asien-Europa-Routen. Allerdings ist das Zusatzangebot oft nur für Premium-Sendungen verfügbar. Da praktisch keine Ersatzschiffe zu finden sind, könnten diese Ergänzungen auf Kosten der Kapazität auf anderen Routen gehen.  Die Luftfrachtraten sind (noch) stabil, auch wenn Im- und Exporteure – trotz hoher Kosten und möglicher finanzieller Verluste – nach Alternativen zur Seefracht suchen. Liefertreue und Kundenbindung haben dabei Priorität, während Mitbewerber, die sich den teuren Luftweg nicht leisten wollen oder können, aufgrund versäumter Lieferfristen bald aus dem Rennen sein könnten. Dadurch werden jetzt auch Konsumgüter von geringerem Wert, auch bei größeren Abmessungen, per Luftfracht verschickt. Auch der zunehmende E-Commerce ist ein Treiber: Viele Firmen mit stark gewachsenem Online-Shop setzen alles daran, lieferfähig zu bleiben.

Freightos Baltic Index FBX11 – Ostasien nach Nordeuropa am 15. Juli 2021 – Quelle: Freightos

Einfuhrboom trotz schwachen Konsums

Doch warum steigen die Importe und damit die Containernachfrage, obwohl der Konsum nur schleppend wieder anspringt? Tatsächlich ist in den ersten Monaten 2021 der Import im Vergleich zu 2019 überproportional angestiegen. Gleichzeitig musste der Einzelhandel im Lockdown mehr als schmerzhafte Umsatzeinbußen hinnehmen. Die nur scheinbar widersprüchliche Konstellation legt nahe, dass die großen Mengen auf das Wiederauffüllen der Lagerbestände vor allem bei großen Playern zurückzuführen ist. Diese Aufstockung übertrifft das momentane Wachstum der Konsumnachfrage bei weitem. Logistikexperten prognostizieren eine weiter steigende Nachfrage, selbst wenn die Konsumlaune in der zweiten Jahreshälfte nicht deutlich anzieht. Gleichzeitig schein in Asien der „Exportrückstand“ jeden Tag weiterzuwachsen.

 

Bild oben: © Saskia Wend – pixelio.de