3D-gestrickte Schalung spart Baumaterial und Zeit

3D-gestrickte Schalung spart Baumaterial und Zeit

„Stricken ist das neue 3D-Drucken“: Ein per Knopfdruck gestricktes Textil dient ETH-Forschern als formgebendes Element für geschwungene Betonschalen.

Mit der neuen Technologie erstellten die Forscher eine fünf Tonnen schwere Betonstruktur für eine Ausstellung in Mexiko-Stadt. Das Herz der vier Meter hohen, geschwungenen Betonkonstruktion ist gestrickt. Als Schalung dient dem Bauwerk einzig ein mit Stahlseilen gespanntes Textil. Am Prototypen mit dem Namen KnitCandela kommt die Technologie erstmals in architektonischem Maßstab zum Einsatz. Der Bau ist eine Hommage an den spanisch-mexikanischen Architekten Felix Candela (1910-1997) und ein Gemeinschaftswerk mit Zaha Hadid Architects Computation and Design Group (ZHACODE) und Architecture Extrapolated (R-Ex).

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55 Kilogramm Schalung für fünf Tonnen Beton
Die Technologie entstand an der ETH Zürich. Eine industrielle Strickmaschine produzierte die Schalung ab einem digital generierten Strickmuster: In vier Bahnen strickte sie in 36 Stunden ein fertig geformtes 3D-Textil mit zwei Lagen. Die untere Lage bildet die sichtbare Decke – eine gestaltete Oberfläche mit farbigem Strickmuster. Die obere Lage enthält Tunnel für die Kabel des Schalungssystems und Taschen für herkömmliche Luftballone, welche nach dem Betonieren zu Hohlräumen werden. So wird die Konstruktion leicht und materialsparend. Schalungen für solch komplexe Formen auf konventionelle Weise herzustellen, würde wesentlich mehr Zeit und Material kosten.

KnitCandela
Im Innenhof des Museums wurde die gestrickte Schalung in einen temporären Rahmen gespannt und darauf eine speziell entwickelte Zementmischung gespritzt. Diese erste Schicht ist nur wenige Millimeter dünn, aber ausreichend, um eine starre Form zu erzeugen. Danach wurde konventioneller, faserverstärkter Beton aufgebracht. Die fertig gestrickten Stoffbahnen wurden in zwei Reisetaschen nach Mexiko-Stadt transportiert – als normales Aufgabegepäck. Die Strickware ist nur 25 Kilogramm schwer, die Stahlseile etwa 30 Kilogramm. Eingespannt in den Holzrahmen stützen sie über fünf Tonnen Beton.

Stricken ist das neue 3D-Drucken
Die Technologie wurde von Mariana Popescu und Lex Reiter im Rahmen des Forschungsprojekts NFS Digitale Fabrikation entwickelt. Popescu ist Doktorandin bei Philippe Block, Professor für Architektur und Tragwerk an der ETH Zürich, Reiter Doktorand bei Robert Flatt, Professor für Physikalische Chemie von Baustoffen. Die Forschung von Popescu zeigt, dass mit gestrickten Textilien für architektonische Anwendungen Material und Arbeitszeit gespart werden können und der Bauprozess für komplexe Formen einfacher wird. Matthias Rippmann, Projektleiter für KnitCandela und Senior Researcher in der Block Research Group, sagt: „Von den ersten Arbeiten bis zur Fertigstellung vergingen nur fünf Wochen – das ist bedeutend weniger Zeit als wir mit konventioneller Technologie benötigt hätten.“

„Stricken bietet den Vorteil, dass 3D-Formen nicht aus mehreren Teilen zusammengesetzt werden müssen. Mit dem richtigen Strickmuster können wir sämtliche Wölbungen, Taschen und Kanäle per Knopfdruck produzieren“, sagt Popescu. Für die Bauindustrie ist 3D-Druck ein großes Thema. Die neue Methode sei gewissermassen eine neue Form des 3D-Drucks, meint Philippe Block, „nur dass wir dazu keine neuartige Maschine benötigen. Eine herkömmliche Strickmaschine reicht.“

Quelle: ETH-News
Bild: Oben Beton, unten gestrickt: KnitCandela; © ETH Zürich