Brexit overtime

Brexit overtime

Die Hängepartie um den Brexit geht in die nächste Runde. Die neue Frist für den Austritt ist der 31. Oktober 2019. Einigt man sich bis dahin auf ein Austrittsabkommen, gelten Übergangsregelungen bis Ende 2020.

Auf den erneuten Aufschub haben sich die 27 in der EU verbleibenden Mitgliedstaaten auf ihrem Sondergipfel am 11. April geeinigt. Ein Brexit-Chaos mit einem ungeregelten Austritt („Hard Brexit“) konnte damit vorerst vermieden werden.

Bis zu dem neuen Datum kann Großbritannien dem bereits ausgehandelten Brexit-Deal zustimmen – oder theoretisch auch vom geplanten EU-Austritt zurücktreten. Stimmen beide Seiten dem Austrittsabkommen vor Ablauf der neuen Frist zu, könnte UK auch früher aus der EU ausscheiden – am ersten Tag des entsprechenden Folgemonats. Diese Varianten bedeuten, so unterschiedlich sie sind, zunächst dieselbe Konsequenz: keine Veränderung für die Wirtschaftsbeteiligten im Rahmen einer Übergangsfrist bis – nach heutigem Stand – Ende 2020.

Nimmt Großbritannien nicht an der Europawahl teil, scheidet es zudem automatisch am 1. Juni aus der EU aus.

Falls auch in den kommenden Monaten keine Einigung gelingt und Ende Oktober nochmals ein harter Brexit drohen sollte, sind im Außenhandel folgende Aspekte zu beachten:

Zollverfahren des Vereinigten Königreichs für Einfuhren aus der EU
Für den Fall eines ungeregelten Brexit hat die Regierung des VK ein vereinfachtes Verfahren für Einfuhren aus der EU angekündigt. Die Verfahren seitens der EU werden jedoch ohne Vereinfachung laufen. Der britische Zoll hat zum vereinfachten Zollverfahren detaillierte Informationen zur Verfügung gestellt.

Logistik-Hub Dover
Um die Folgen eines harten Brexits für den Güterverkehr im Fall der Fälle abzumildern, hatte Großbritannien bereits vor der alten Deadline 12. April den Notfallplan „Operation Brock“ in Kraft gesetzt. Damit soll verhindert werden, dass die Verkehrssituation im Bereich der südenglischen Region Kent mitsamt dem bedeutenden Hafen Dover in einem Chaos endet. Laut Medienberichten soll unter anderem ein Teil der Autobahn M20, die von London Richtung Dover führt, gesperrt werden und als Parkfläche für Lkw dienen, die sich auf dem Weg zur Fähre bzw. zum Eurotunnel befinden.

Logistik: Lkw dürfen weiter in beide Richtungen rollen
Auch die EU hatte die Vorbereitungen für einen No-Deal weiter vorangetrieben. Eine bis zum 31. Dezember 2019 befristete EU-Notfallverordnung gewährt beispielsweise britischen Transportunternehmen den Zugang zum Markt der EU. Sie gilt ab dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich wirksam aus der Europäischen Union ausgetreten ist. Voraussetzung ist, dass das Vereinigte Königreich umgekehrt den Unternehmen aus der Europäischen Union mindestens ebensolche Rechte einräumt. Ein entsprechender britischer Rechtsakt wurde Ende März 2019 verabschiedet. Auch für den Luft- und Schienenverkehr wurden Maßnahmen erlassen. Deren Ziel ist es ebenfalls, Bahn- und Flugverkehr im Falle eines harten Brexits aufrecht zu erhalten.

Zoll
Der deutsche Zoll hatte (vor der alten Deadline 12. April) in einer ATLAS-Info informiert, dass im Falle eines „No-Deal-Brexits“ (mit Austrittsdatum 13. April 2019) für den Warenverkehr zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU die allgemeinen zollrechtlichen Bestimmungen für Drittländer unter Berücksichtigung des Versandübereinkommens gelten – ohne Übergangsfrist.

Exportkontrolle
Für den Dual-Use-Bereich wurde eine Änderung der Verordnung für die Ausfuhr bestimmter Güter mit doppeltem Verwendungszweck verabschiedet, um das Vereinigte Königreich in die Liste der Drittstaaten mit geringem Risiko aufzunehmen, die von den allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU betroffen sind.