CBAM: Bürokratiewahn statt Klimaschutz Bild: © Gerd Altmann - pixabay.com

CBAM: Bürokratiewahn statt Klimaschutz

Am 1. Oktober startete der EU Carbon Border Adjustment Mechanism. Der Klimazoll gilt nicht nur für Rohstoffeinfuhren: Auch für vielerlei Artikel aus Metall sollen Firmen eine CO2-Bilanz vorlegen.

Im Rahmen des europäischen Emissionshandels EU-ETS soll das CO2-Grenzausgleichssystem CBAM die Produktionsverlagerung ins Ausland („Carbon Leakage“) verhindern. Der „Klimazoll“ gilt nicht nur, wie weithin angenommen, für Metalle, Dünger, Zement oder Wasserstoff, sondern für vielfältige Kleinwaren, Gebrauchsgegenstände und Zutaten aus Metall: Unternehmen sollen buchstäblich für jede importierte Schraube eine CO2-Bilanz vorlegen. Der Meldeaufwand ist immens.

Update 22.12.2023: CBAM: EU veröffentlicht Emissionsstandardwerte und Berichtsstruktur.

Update 11.01.2024: CBAM: Zugang zum Übergangsregister über das Zoll-Portal

Update 18.01.2024: DEHSt gibt bekannt, dass verspätete Einreichung des Berichts zum 4. Quartal 2023 keine Sanktionen nach sich zieht.

Die EU setzt den CBAM im Eiltempo um. Nach Veröffentlichung der CBAM-Verordnung am 10. Mai 2023 und der Durchführungsverordnung am 15. September gelten bereits seit 1. Oktober 2023 Berichtspflichten. Ab 1. Januar 2026 brauchen Einführer eine gültige Zulassung als CBAM-Anmelder und müssen CBAM-Zertifikate erwerben. Der Zoll fertigt sonst die betroffenen Produkte nicht mehr ab. Der Preis der CBAM-Zertifikate wird sich aus dem wöchentlichen Mittelwert der ETS-Zertifikatspreise errechnen. CO2-Abgaben im Ursprungsland können auf das CBAM-Zertifikat angerechnet werden.

Breite Betroffenheit, wenig Ausnahmen

Anhang I der CBAM-Verordnung umfasst die Produktgruppen Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff (nicht Textilwaren). Die Liste enthält auch zahlreiche Klein- und Zubehörteile wie Schrauben, Metallbügel in BHs und Ornamente aus Metall. 2026 will die EU-Kommission den Anwendungsbereich der Verordnung ausdehnen.

Aktuell betroffen sind:

  • Eisen und Stahl Kapitel 72
    mit Ausnahme einzelner Waren der Position 7202, nämlich: 7202 2X, 7202 30, 7202 50, 7202 70-7202 9980
  • Waren aus Eisen und Stahl Kapitel 73: Erfasst sind die Positionen 7301-7311, 7318, 7326.
    Ausgenommen sind folglich 7312-7317 sowie 7319-7325
  • Aluminium und Waren daraus Kapitel 76: erfasst sind 7601, 7603-7614, 7616.
    Ausgenommen sind folglich 7602 und 7615
  • Eisenerz 2601 1200;  Wasserstoff 2804 1000;
  • Elektrizität 2716
  • Zement: 2507 0080, 2523
  • Ammoniak 2814, Kaliumnitrat 2834 21 00, Düngemittel 3102 und 3105

Vereinfachungen existieren nicht. Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich

  • Kleinmengen bis zu einem Sendungswert von 150 EUR (Zollfreigrenze, soll 2028 fallen),
  • Waren für den persönlichen Gebrauch im Gepäck von Reisenden,
  • Waren mit Ursprung in den EFTA-Ländern, da diese am ETS teilnehmen,
  • Rückwaren.

 

Bürokratische Pflichten ohne Umweltnutzen

Teurer als der eigentliche Klimazoll dürften die Berichtspflichten ausfallen. Insbesondere geht es um das Reporting der CO2-Emissionsdaten, denn es erfordert umfangreiche Abfragen bei den Lieferanten. Die EU-Kommission stellt Guidance-Dokumente und ein komplexes Excel-Template für die Emissionserfassung bei Auslandslieferanten zur Verfügung. Deren Umfang dürfte auch kooperative Lieferanten schnell überfordern. Für KMU wird sich dieser Aufwand oft nicht rechnen. Wenn der Einkauf in Europa keine Option darstellt, bleiben nur das Ausweichen auf alternative Materialien wie Plastik, der gänzliche Verzicht – oder der Import weiterverarbeiteter Ware, die nicht unter CBAM fällt. 

 

Wann und wo sind CBAM-Berichte einzureichen?

Bericht sind quartalsweise bei der „zuständigen nationalen Behörde“ abzugeben. Einige Mitgliedstaaten betrauen den Zoll mit der Zuständigkeit, andere ihre Umweltbehörden. zum Jahreswechsel die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) offiziell als national zuständige Stelle für den CO2-Grenzausgleichsmechanismus benannt.  Einführer müssen bis spätestens einen Monat nach Quartalsende den Bericht mit Informationen zum vorherigen Quartal einreichen. Für den ersten Bericht endet die Frist somit am 31. Januar 2024. Hierfür ist ein Online-Tool, das CBAM-Übergangsregister, zu nutzen. Vor der Abgabe von Berichten müssen sich betroffene Wirtschaftsbeteiligte dort registrieren. Der Zugang zur Registrierung erfolgt in Deutschland über das Zoll-Portal. Firmen können ihre bereits vorhandenen Geschäftskonten im Zoll-Portal nutzen. Am 15. Januar 2024 hat die DEHSt bekanntgegeben, dass die verspätete Einreichung der Berichte zum 4. Quartal 2023 nach dem 31.01.2024 keine Sanktionen nach sich zieht, da die Registrierungs- und Berichtsmöglichkeit erst sehr spät eingerichtet wurde. Die DEHSt empfiehlt betroffenen Importeuren den Bezug ihres CBAM-Newsletters .

 

Sanktionen bei Nichteinhaltung

Bei Verstößen können die Mitgliedstaaten „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ verhängen. Die Durchführungsverordnung sieht Strafzahlungen in Höhe von 10 bis 50 Euro pro Tonne nicht gemeldeter Emissionen vor. Wichtiger ist die Androhung schärferer Sanktionen bei mehrfachen Verstößen. Ab 1. Januar 2026 werden vom CBAM betroffene Waren vom Zoll nur noch freigegeben, wenn der Anmelder ein sog. „zugelassener CBAM-Anmelder“ ist

 

EU-Hersteller auf dem Weltmarkt benachteiligt

Der Klimazoll verteuert die Produktion am Standort noch weiter – zulasten von Unternehmen und Verbrauchern. Exporteure haben es besonders schwer. Ihre Kosten für Emissionszertifikate bekommen sie beim Export aus der EU nicht erstattet. Dadurch entsteht ein klarer Kostennachteil gegenüber der internationalen Konkurrenz.

↘ Leitfäden und ein Template zum Informationsaustausch mit Lieferanten stehen auf der Homepage der EU-Kommission zur Verfügung: https://tinyurl.com/ypjvdybr.

↘ Die DEHSt bietet Informationen zu CBAM selbst und zur Teilnahme. Informationen, wie der Zugang zum Register erfolgt, sind auf dem Zoll-Portal der Generalzolldirektion verfügbar.