Das Siegel, das niemand braucht

Das Siegel, das niemand braucht

Seit 2014 will Bundesminister Müller ein einheitliches Textilsiegel schaffen. Doch die Einführung wird immer wieder vertagt. Weder bei der Wirtschaft noch bei den NGOs ist der "Grüne Knopf" sonderlich beliebt.

Teure Doppelstruktur
Es klingt schon merkwürdig: Textilprodukte, die ohnehin schon zertifiziert sind und ein Gütesiegel tragen, sollen eine Zusatzkennzeichnung durch das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) erhalten. Alleine in den kommenden zweieinhalb Jahren will das BMZ an die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) 8,5 Millionen Euro an Steuergeldern zahlen, um bereits zertifizierte Kleidung mit einem BMZ-Siegel zu versehen. „Damit würde eine teure und unnötige Doppelstruktur geschaffen“ kritisiert Martina Bandte, Präsidentin von Gesamtmasche. „Das hieße nicht nur Geld zu verpulvern, sondern auch, dem Verbraucher falsche Versprechungen zu machen.“ Eine Garantie für die gesamte Wertschöpfungskette „vom Baumwollfeld bis zum Bügel“, die der BMZ-Knopf suggeriert, kann er nämlich längst nicht geben

Nationaler Sonderweg
Auch nach langjähriger Diskussion erscheint das Meta-Siegel nicht als praktikables Instrument für die Unternehmenskommunikation. Zu viele wichtige Fragen sind bisher noch offen. Fest steht lediglich, dass eine teure, zusätzliche Bürokratie geschaffen werden soll. Auch wenn inzwischen der Kontakt in andere Länder gesucht wird, ist das Siegel alleine auf den deutschen Markt konzentriert. Darüber hinaus steht das BMZ inzwischen recht alleine hinter seinen Plänen. Einige Ministerien wollen das Siegel nicht mehr mittragen.

Unkalkulierbare Risiken
Nachdem der Minister den Start des Grünen Knopfes bereits mehrfach, zuletzt auf Juli, vertagt hat, ist jetzt der Start im September 2019 angekündigt. Die erneute Verschiebung wurde nach Angaben des Ministers aufgrund des unterwartet hohen Ansturms interessierter Firmen notwendig. Denkbar ist aber auch, dass sich bisher nur sehr wenige das Wagnis zutrauen. Bisher gibt es praktisch keine verbindlichen, lediglich einige an Bedingungen geknüpfte Zusagen von Unternehmen, an dem Siegel teilzunehmen.

Kaum Unterstützung von NGOs
Die meisten NGOs stehen dem BMZ-Siegel, wenn auch aus anderen Gründen als die Textilwirtschaft, kritisch-ablehnend gegenüber. Aus ihrer Sicht ist es zu wenig ambitioniert. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich auch einige Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Einführung öffentlich negativ zu Produkten und Unternehmen positionieren.

Kein Zusatznutzen für Firmen und Verbraucher
Der sogenannte Grüne Knopf bleibt somit eine nationale Kennzeichnung des Entwicklungsministeriums ohne Zusatznutzen. Er stützt sich auf eine privatwirtschaftliche Siegelgeberstruktur, zu der er sich gleichzeitig in eine unfaire Konkurrenz begibt. Erste Zertifizierer treten die Flucht nach vorn an und werben bei zertifizierten Unternehmen für das BMZ-Siegel. Solange jedoch nicht bekannt ist, wie die Konditionen und Kosten des Siegels am Ende wirklich aussehen, bleibt das Müllersche Siegel eine Katze im Sack. Gleichwohl muss jedes einzelne Unternehmen für sich entscheiden, ob eine Teilnahme an dem Pilotprojekt sinnvoll ist.

Bild: © Alexas_Fotos / pixabay.com