Durchbruch beim Elasthan-Recycling Bild ©: Aj Alao - unsplash.com

Durchbruch beim Elasthan-Recycling

Elasthan erschwert eine hochwertige Wiederverwertung von Alttextilien - bis jetzt. An der TU Wien hat man eine Lösung gefunden.

Angenehm zu tragen, aber unangenehm zu recyceln: Die Beimischung von Elasthan erhöht Funktionalität und Komfort vielfältiger Textilwaren. Doch Elasthan erschwert bislang auch die hochwertige Wiederverwertung von Textilien. Eine Forschungsarbeit an der TU Wien zeigt, wie der Durchbruch gelingen kann.

An der TU Wien wurden eine umweltfreundliche Methode entwickelt, die Elasthan beim Sortiervorgang nicht nur besser als bisher erkennt, sondern auch schonend aus den Alttextilien herauslösen kann – ohne Beschädigung deanderen Fasern. „Viele der Materialien, die wir zur Herstellung von Kleidung verwenden, sind als Monomaterial gut recycelbar – etwa Baumwolle, Polyester oder Polyamid“, erklärt Emanuel Boschmeier, der am Institut für Chemie-, Umwelt- und Biowissenschaften der TU Wien an seiner Doktorarbeit zu diesem Thema arbeitet. „Aber Elasthan, auch nur in geringen Mengen beigemischt, macht ein hochwertiges Recycling mit herkömmlichen Methoden unmöglich.“ Die Faser ist so dehnbar, dass die Schredder, mit denen Textilien normalerweise vor dem Recycling zerkleinert werden, damit nicht zurechtkommen. Die elastische Faser führt zu Verschmutzungen, Verstopfungen und Verklumpungen in den Maschinen.

Emanuel Boschmeier mit Textilproben, auf die die Recycling-Methoden angewendet wurden. Bild: © Johannes Hloch

Spektroskopie ermittelt exakten Elasthananteil

Im ersten Schritt wurde nach einer zuverlässigen und schnellen Methode gesucht, um den Elasthangehalt in Textilien zu messen. Recherchen stellten fest, dass es eine solche Methode bisher nicht gab. „Die üblichen Testmethoden arbeiten mit Lösungsmitteln, die als gesundheitsschädigend eingestuft werden. Außerdem sind diese äußerst zeitintensiv“, so Boschmeier weiter. Im Labor der TU wurde von Vasiliki-Maria Archodoulaki daraufhin ein neuartiges „Elastan Quantification Tool“ entwickelt, mit dem man ermitteln kann, wieviel Elasthan tatsächlich in einem Kleidungsstück enthalten ist. Sie basiert auf der Spektroskopie im mittleren Infrarot und wurde für die Forschung optimiert.

Der Schlüssel liegt im richtigen Lösungsmittel

Im nächsten Schritt musste eine Methode gefunden werden, um das Elasthan von anderen Fasern zu lösen. Die Forscher experimentierten mit verschiedenen Lösungsmitteln und stießen schließlich auf ein ungefährliches Lösungsmittel, welches Elasthan selektiv entfernt und die wiederverwertbaren Fasern intakt lässt. Auf diese Weise können Materialien wie Polyester oder Polyamid fast vollständig zurückgewonnen werden. Auch das Lösungsmittel selbst kann zurückgewonnen und wiederverwendet werden. Das neue Verfahren eignet sich auch für Materialmischungen aus Wolle, Polyester und Elasthan. Hier wird die Wolle durch das Einwirken von Enzymen in Aminosäuren verwandelt, die in der Kosmetikindustrie oder bei der Düngemittelherstellung eingesetzt werden können.

Forschungspreis für Emanuel Boschmeier

Die Forschungsarbeit wurde im Rahmen des EU-Projekts SCIRT (System Circularity and Innovative Recycling of Textiles) durchgeführt. Für seine Ergebnisse erhielt Emanuel Boschmeier den INI-Preis für Innovation und Nachhaltigkeit im Ingenieurwesen, verliehen vom Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein (ÖIAV) und der Industriellenvereinigung (IV).

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1016/j.resconrec.2023.107215

Kontakt:

Emanuel Boschmeier, Institute for Chemical Engineering, TU Wien
emanuel.boschmeier@tuwien.ac.at