Die Abgabe auf nicht-recycelten Plastikabfall ist Teil des milliardenschweren EU-Finanzpakets, das die EU-Mitgliedstaaten im Juli für die konjunkturelle Erholung nach der Corona-Krise geschnürt haben. Schon vor Corona avisierte die EU eine Kunststoffsteuer, um Einnahmeausfälle durch den Brexit zu kompensieren. Die deutsche Wirtschaft läuft Sturm gegen die neue Abgabe. “Diese Steuererhöhung ist Gift für Wohlstand und Beschäftigung und gerade jetzt kontraproduktiv”, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang.
Abgabe könnte Deutschland 1,3 Milliarden Euro kosten
Schon ab 1. Januar 2021 wird eine Abgabe von 80 Cent je Kilogramm nicht-recyceltem Plastik-Verpackungsmüll fällig. Die Mitgliedstaaten sollen sich das Geld von der Wirtschaft zurückholen. Ein Viertel (20 Cent) soll im jeweiligen Land verbleiben, drei Viertel (60 Cent) an die EU fließen.
Nach Berechnungen des Portals “Politico” wäre Deutschland mit gut 1,3 Milliarden Euro pro Jahr unter den größten Zahlern der Abgabe. Schon 2021 rechnet die Kommission mit knapp 5,7 Mrd. Euro. BDI-Chef Lang kritisiert: „Die Abgabe würde Unternehmen und den Standort über Gebühr belasten.” Sie würde bestimmte Materialien diskriminieren, aber nicht das Problem der Plastikberge beheben, moniert Lang. “Mehr Recycling würde die Einnahmen reduzieren. Das ist keine solide Haushaltspolitik.” Bundesumweltministerin Svenja Schulze zeigt sich hingegen offen für die Pläne. Es komme auf die Ausgestaltung an. “Am Ende muss [die Abgabe] zu deutlich weniger Einwegplastik führen und auf den Green Deal einzahlen.”
Die Wirkungsziele der Kreislaufwirtschaft und das gewünschte Mittelaufkommen einer Plastiksteuer zur Haushaltsfinanzierung passen nicht zusammen.
Joachim Lang, BDI-Hauptgeschäftsführer
UBA schlägt Steuer auf alle Verpackungen vor
Das Umweltbundesamt (UBA) findet es gut, dass die EU auf der Suche nach neuen Geldquellen auch Umweltsteuern in den Blick nimmt. Damit es zu einer Lenkungswirkung kommt, müsse man bei der nationalen Umsetzung an der Recyclingfähigkeit von Verpackungen ansetzen, etwa durch eine Differenzierung des Abgabesatzes. Damit Hersteller nicht einfach auf anderes Material ausweichen, schlägt das UBA außerdem vor, gleich sämtliche Verpackungsmaterialien einzubeziehen.
Steigende Lizenzkosten und B2B-Erfassung
Die neue Abgabe dürfte im Bereich der systembeteiligungspflichtigen Verpackungen in Deutschland zu einem deutlichen Anstieg der Lizenzkosten für nicht-recyceltes Plastik führen. Das Verpackungsgesetz sieht für systembeteiligungspflichtige Plastikverpackungsabfälle aktuell eine Mindestquote für die stoffliche Verwertung von 58,5 Prozent vor. Dieser Wert steigt ab Anfang 2022 auf 63 Prozent. Für nicht-systembeteiligungspflichtige Verpackungen, also vor allem B2B- und Transportverpackungen, gelten keine festen Mindest-Verwertungsquoten. Hier gibt es lediglich die Vorgabe, diese „vorrangig einer Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen“, also wohl mindestens zu 50 Prozent. Belastbare Statistiken zur Verwertung scheint es aktuell nicht zu geben. Die Anteile müssten jedoch wohl ebenso erfasst und nach Brüssel gemeldet werden. Zunächst muss das EU-Parlament der Maßnahme zustimmen, Ab 2021 soll die Umsetzung in den Mitgliedstaaten beginnen. Ob und wie die Abgabe in Deutschland abgebildet wird, ist weiterhin offen.
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