EU-Zollkodexreform

EU-Zollkodexreform

Ende 2022 hat die EU-Kommission Vorschläge zur Reform des europäischen Zolls vorgelegt. Insbesondere soll der Unionszollkodex (UZK) soll umfassend reformiert werden.

Ende 2022 hat die EU-Kommission Vorschläge zur Reform des europäischen Zolls vorgelegt. Insbesondere soll der Unionszollkodex (UZK) soll umfassend reformiert werden. Der Entwurf dazu wurde Mitte Mai veröffentlicht. Die Kommission verspricht Vereinfachungen, Vereinheitlichung und das Vorantreiben der Digitalisierung. Doch die Reformpläne bergen auch Sprengstoff.

 

Harmonisierung – aber mehr Bürokratie?

Für die Textil- und Bekleidungsindustrie mit ihrer internationalen Ausrichtung sind effiziente Zollverfahren essenziell. Vor allem mittelständische Unternehmen brauchen bürokratieärmere und kostengünstigere Abläufe. Bislang betreibt jeder Mitgliedstaat seine eigene Zoll-IT-Infrastruktur. Die Brüsseler Pläne zu einer EU-weit einheitlichen IT-Lösung sind daher zu begrüßen. Auch Details wie die verlängerte Gültigkeit verbindlicher Auskünfte oder die Einführung einheitlicher Obergrenzen für Bußgelder ist hilfreich. Ob es gleichzeitig zu einer Entschlackung der Datenanforderungen und umfassendere Vereinfachungen kommt, ist jedoch zweifelhaft.

Vom AEO zum Trust & Check Trader

Der Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) zu einem „Trust & Check Trader“ weiterentwickelt werden. Die bereits im aktuellen UZK verankerte Möglichkeit des Self-Assessment wurde nie umgesetzt. Stattdessen fordert die EU nun einen neuen Status mit weitreichendem Behördenzugriff auf Unternehmensinformationen. Neben Zollunterlagen, Lizenzen und Genehmigungen sollen TCT sämtliche Informationen aus der Buchhaltung sowie aus der Logistikkette einem EU-Data-Hub (s. u.) zur Verfügung stellen.

 

Wegfall der 150-Euro-Grenze

Bisher sind Importe – mit den Ausnahmen Alkohol, Tabak und Parfum – bis 150 Euro zollfrei, wenn auch nicht frei von Einfuhrumsatzsteuer. Der Wegfall der Bagatellgrenze dürfte weitreichende Auswirkungen auf den B2C-Onlinehandel haben. Die EU erhofft sich dadurch vor allem Mehreinnahmen, aber auch die Eindämmung des unfairen Wettbewerbs aus dem Ausland, insbesondere durch Billigversender aus Asien. Für die Wirtschaftsbeteiligten entsteht jedoch gleichzeitig ein gewaltiger Mehraufwand. Für sämtliche Kleinsendungen wird eine vollständige Zollanmeldung fällig. Auch die normalen Aufbewahrungspflichten würden greifen, und sämtliche Daten wären bei Betriebsprüfungen zu berücksichtigen. Der schiere Mengenzuwachs würde zur Mehr- oder womöglich Überlastung für Paketdienstleister. In jedem Fall würde sich die Einfuhr von Kleinsendungen erheblich, eventuell prohibitiv verteuern.

Schaffung einer EU-Zollagentur und eines EU-Data-Hub

Eine neu einzurichtende Europäischen Zollagentur soll die Errichtung eines einheitlichen Zollsystems unterstützen. Eine EU-Zollbehörde lässt auf eine stärkere Harmonisierung der nationalen Zollprozeduren hoffen, auch bei der Anwendung von EU-Sanktionen und handelspolitischer Maßnahmen. Doch zum Zollsystem soll auch der Aufbau eines zentralen EU-Echtzeit-Tools für die Risikoanalyse über die gesamte Lieferkette gehören. Die Informationen verschiedener Behörden, Agenturen und „Trust & Check Traders“ sollen in einem zentralen EU-Data-Hub gebündelt werden. Auf diesen soll nicht nur der Zoll in Echtzeit zugreifen können. Vielmehr ist vorgesehen, dass sämtliche nationale (und regionale) Behörden in der EU, die in irgendeiner Form mit der Marktüberwachung befasst sind, Einblick in sämtliche Daten und letztlich in die Buchhaltung der Wirtschaftsbeteiligten erhalten. Datenlecks sowie die Verletzung geistiger Eigentumsrechte und Aneignung von Betriebsgeheimnissen stellen dabei gefährliche Risiken dar.

 

Für die Umsetzung der Maßnahmen ist ein Übergangszeitraum von mindestens zehn Jahren vorgesehen. Die Einführung soll 2032 starten und bis 2037 abgeschlossen sein.