Freihandel Vietnam-EU

Freihandel Vietnam-EU

Die vietnamesische Nationalversammlung hat am 8. Juni 2020 das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam ratifiziert. Das Abkommen tritt am 1. August in Kraft.

Das Abkommen wird voraussichtlich am 1. August 2020, möglicherweise auch schon im Juli in Kraft treten. Das EU-Parlament und der Rat hatten bereits im Frühjahr grünes Licht für das Abkommen gegeben. Für viele Textil- und Bekleidungsprodukte wird der Zoll ab Inkrafttreten des EVFTA auf Null gesetzt.

Für viele Waren der Branche dauert der Zollabbau allerdings bis zu fünf Jahre. Außerdem gelten strenge Ursprungsregeln, so dass bei weitem nicht alle Produkte, die zwischen Vietnam und der EU gehandelt werden, vom Zollabbau profitieren werden. Nichtsdestoweniger rechnen sowohl Vietnam als auch die EU mit einem Schub für ihre Exporte und ihr BIP: Vietnam hofft, durch das Abkommen die Exporte in die EU bis 2025 um 42,7 Prozent steigern zu können. Die EU-Kommission prognostiziert einen BIP-Anstieg der EU bis 2035 um 29,5 Mrd. US-Dollar.

Das EVFTA gilt als bilaterales Abkommen der neuen Generation. Es enthält Bestimmungen für den Schutz geistigen Eigentums, die Liberalisierung von Investitionen und die nachhaltige Entwicklung. Dazu gehört die Verpflichtung zur Umsetzung der Standards der ILO und der UN-Klimakonvention.

Zollabbau

Mit dem Freihandelsabkommen werden die Zölle zwischen beiden Seiten fast vollständig (d.h. zu 99%) abgeschafft. Mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens entfallen 65% der Zölle auf EU-Exporte nach Vietnam, während der Rest schrittweise während eines Zeitraums von maximal 10 Jahren abgeschafft wird. Die EU wird beim Inkrafttreten 71% ihrer Zölle auf vietnamesische Waren eliminieren.

Textilien und Bekleidung fallen nur teilweise unter die sofortige Zollfreiheit. Für zahlreiche konfektionierte Waren ist ein gestaffelter Zollabbau über fünf Jahre vorgesehen. Für Schuhe gilt ein Reduktionsfahrplan von bis zu sieben Jahren.

Für Lederaccessoires werden die Zölle hingegen sofort eliminiert – ein echter Vorteil gegenüber dem aufstrebenden Konkurrenten Kambodscha. Dem Nachbarland droht nämlich der Präferenzentzug insbesondere für Textilien, Bekleidung, Schuhe und Taschen ab August.

Insbesondere für Lederwaren und Schuhe kann es durch den langjährigen Abbaufahrplan günstiger sein, bei der Einfuhr in die EU zunächst weiterhin die Präferenzen aus dem Allgemeinen Präferenzsystem für Entwicklungsländer in Anspruch zu nehmen: Die APS-Präferenz kann im Einzelfall eine höhere Reduktion bedeuten als der Zollabbaufahrplan im Anfangsjahr.

Ursprungsregeln und Ursprungsnachweis

Hinsichtlich der Ursprungsregeln für Textil- und Bekleidungsprodukte grundsätzlich „Zweistufigkeit“, d. h. im Bekleidungsbereich Stoffherstellung plus Nähen. Es gibt jedoch alternative Methoden wie z. B. Bedrucken und anschließendes Konfektionieren. Damit bleibt es im Vietnam-Abkommen, trotz einzelner Flexibilisierungen, bei restriktiven Ursprungsregeln für den Sektor, die in vielen Fällen nicht erfüllt werden können. Das bedeutet, dass die Zollvorteile nicht in Anspruch genommen werden können.

Als Ursprungsnachweis sind Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 bzw. als formloser Nachweis Ursprungserklärungen auf der Rechnung vorgesehen. Ursprungserklärungen kann bis zu einem Sendungswert von 6.000 Euro jeder Exporteur ausstellen. Bei höheren Werten ist der Status des Ermächtigten Ausführers erforderlich. Für vietnamesische Lieferungen ab 6.000 Euro gilt b. a. w. EUR.1 Pflicht. Für die Zukunft ist vorgesehen, dass Vietnam bei der EU ein Registrierungssystem ähnlich dem des Ermächtigten Ausführers anzeigt, so dass vietnamesische Exporteur auch für Sendungen über 6.000 Euro Wert Ursprungserklärungen ausstellen können.

Eine Besonderheit der Ursprungsregeln ist, dass Vorprodukte aus Südkorea im Rahmen des EVFTA als Ursprungswaren gelten. Gleiches gilt für Waren aus ASEAN-Staaten, mit denen die EU ein Abkommen geschlossen hat; dies betrifft derzeit nur Singapur.

Vietnam als Beschaffungsland

Im Jahr 2019 hat Deutschland aus Vietnam Bekleidung im Wert von knapp 1,3 Mrd. Euro importiert, darunter Maschenwaren im Wert von 434 Mio. Euro und Miederwaren im Wert von 37 Mrd. Euro. Vietnam ist Deutschlands sechstgrößter Lieferant für Bekleidungsprodukte.

Mitgliedsfirmen können Einzelheiten zum EVFTA-Zollabbau und zu den Ursprungsregeln bei Gesamtmasche abrufen. Am 12. Mai hatte Gesamtmasche interessierte Unternehmen im Rahmen eines Webinars zum Thema EVFTA-Zölle und Warenursprung informiert.