Wegen absehbarer Schwierigkeiten vieler britischer Unternehmen, die reguläre Einfuhrabwicklung ab Jahresmitte zu bewältigen, hat das Vereinigte Königreich die vollständige Einfuhranmeldung um ein halbes Jahr verschoben. Bisher war der 30. Juni 2021 als Ende der Übergangsphase vorgesehen.
Zeitliche Pufferung – oder nur vertagtes Chaos?
Bis zum Jahresende brauchen britische Importeure somit für Standard-Einfuhren aus der EU und anderen Drittländern lediglich eine Anschreibung in der Buchführung vorzunehmen. Einzige Voraussetzung dafür ist eine GB-EORI-Nummer. Danach ist innerhalb von sechs Monaten eine ergänzende Zollanmeldung vorzunehmen. Die hierfür benötigte CFSP-Bewilligung kann auch die eines beauftragten Dienstleisters sein. Viele haben zur Jahresmitte ein Chaos befürchtet, da viele Einführer noch nicht „fit“ für die reguläre Abfertigung sind und es an Fachkräften fehlt. Ob der weitere zeitliche Puffer Abhilfe schafft, wird sich zeigen. Womöglich wird das Problem auch nur in die Zukunft verlagert – und wächst derweil weiter mit den sich übers Jahr angeschriebenen Meldungen.
Keine Erleichterung bei Einfuhr in die EU
Beim Import britischer Waren in die EU gab es von Anfang an keinerlei Erleichterungen. Seit 1. Januar 2021 gelten für EU-Importeure, die Ware aus Großbritannien beziehen, die üblichen Regeln für die Einfuhr. Auf Importe findet der EU-Zolltarif Anwendung, auch auf Waren von den Kanalinseln, Isle of Man und aus den britischen Überseegebieten. Für Ausfuhren nach Großbritannien (GB) (England, Schottland, Wales) sind seit 1. Januar 2021 Zollanmeldungen erforderlich, für Nordirland (NI) jedoch nicht.
Zündelnde Parlamentarier riskieren späten „No Deal“
Derweil verzögert sich die Ratifizierung des Handels- und Kooperationsabkommens durch das EU-Parlament. Bislang wird das Abkommen nur vorläufig angewendet. Geben die Parlamentarier nicht bis spätestens Ende April grünes Licht, könnten sie den Deal sogar noch platzen lassen. Einige Abgeordnete erhitzen sich daran, dass die Briten ihre Übergangsfrist für sanitäre und phytosanitäre Kontrollen bei Lebensmittelsendungen von Großbritannien nach Nordirland bis Oktober verlängert haben – ohne dies mit der EU abzustimmen. Dies sei ein „Zündeln an der Nordirlandfrage“, meinen die Grünen und die SPD. Dass London Zollkontrollen innerhalb des eigenen Landes (!) zugestimmt hat, um Kontrollen zwischen der Republik Irland und Nordirland – sprich: an der eigentlichen EU-Außengrenze – im Sinne der Friedenspolitik in jedem Fall zu vermeiden, scheint die EU-Abgeordneten nicht zu interessieren. Es geht wohl eher um Profilierung. Und man fragt sich, wer hier wirklich zündelt.
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