Die Träger rutschen, die Cups passen nicht zur Brustform, die Bügel drücken und der BH passt vorne und hinten nicht. Eigentlich liegt das nur daran, dass BH-Hersteller von einer Standardgröße ausgehen. Das zu ändern, hat sich Lydia Maurer, Geschäftsführerin von Bodytech, vorgenommen. Wie es dazu kam, individualisierte BHs anbieten zu wollen, wie das Unternehmen vorgeht und was in Zukunft möglich sein wird, darüber hat das Kompetenzzentrum 4.0 Textil vernetzt mit Lydia Maurer gesprochen.
Frau Maurer, Sie sind Geschäftsführerin von Bodytech ein Unternehmen, das seinen Kundinnen individualisierte BHs anbietet. Dazu erfassen Sie Kundendaten und produzieren auf Wunsch einen ganz persönlichen, gutsitzenden BH für Ihre Kundin. Wie kamen Sie auf diese Geschäftsidee?
Ich bin Modedesignerin und seit Beginn meiner Karriere vor über 15 Jahren sehe ich, wie wenig sich die Modeindustrie für die Individualität unserer Körper einsetzt und wie stark Frauen vor allem unter den vorgegebenen, relativ limitierten Größenrastern leiden. Nach Jahren als Designerin und Kreativ-Chefin im Luxussegment habe ich dann 2015 mit meiner ersten eigenen Marke Phylyda begonnen, mich dem Thema Swimwear in BH-Größen anzunehmen.
Anders als traditionelle Swimwear-Unternehmen, die meistens keine BH-Größen und nur fünf Konfektionsgrößen anbieten, habe ich als kleine, selbstständige Marke 27 BH-Größen und 12 Konfektionsgrößen angeboten – und das Made in Europe und mit nachhaltigen Materialien. Nach ein paar Jahren habe ich gemerkt, dass dieses Geschäftsmodell für mich und auch generell für die Umwelt nicht nachhaltig ist. Aus meiner Erfahrung kam die Idee, Größeninklusion und Nachhaltigkeit durch das Nutzen von präzisen Körpermaßdaten in Kombination mit einer agileren und digital-flexibleren Lieferkette zu erreichen.
Der Schlüssel zur Produktion individueller Unterwäsche liegt in der Analyse von Körperdaten aus Reihenmessungen und deren Clusterung. Wie machen Sie das?
Wir möchten zukünftig jeder Körperform einen passenden BH anbieten können. Um dies für jede Person effizient darstellen zu können, sammeln wir Körpermaßdaten. Anhand dieser Daten soll eine KI trainiert werden, das am besten passende Modell für die Kundin oder den Kunden in unserem digitalen Modell-Inventar zu finden und individuell anzupassen.
Gemeinsam mit den Textil vernetzt-Kollegen der DITF arbeiten Sie daran, Scan- sowie Körperdaten zu analysieren, um Ihre Schnitte zu optimieren. Wie gehen Sie diese Herausforderung an?
Wir möchten mit den DITF Maßkombinationen analysieren und hoffen, dass die Resultate es uns ermöglichen, Proportions- und Materialbeschaffenheitsentscheidungen zu treffen, die die Designs unseres digitalen Modell-Inventars bestimmen.
Was sind Ihre ganz persönlichen Lessons Learned bei dem Projekt?
Dass Innovation verlässliche Partner benötigt – inhaltlich aber auch finanziell – und dass diese zu finden und zu begeistern eine Grundvoraussetzung zur Zielerreichung ist.
Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen könnten: Was hat sich durch die Zusammenarbeit mit den DITF bei Bodytech in ein, zwei Jahren verändert?
Menschen werden in ein bis zwei Jahren eine neue Generation von BHs kaufen können. Bei den Designs dreht sich dann zunehmend alles um die individuelle Körperform und die Bedürfnisse der Menschen, die unsere BHs tragen und die sich nicht mehr unerreichbaren und unbequemen Körperstandards beugen müssen.
Erfahren Sie hier mehr zum Projekt Clusterung von Körperdaten für die BH-Entwicklung.
Bild: © Bodytech