Der Welthandel kämpft mit den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Covid-Schließungen in chinesischen Exportzentren sorgten für weitere Turbulenzen bei der internationalen Seefracht. Knappe Kapazitäten und steigende Treibstoffkosten infolge des Kriegs in der Ukraine halten die Frachtkosten hoch. Energie und Rohstoffe sind teuer, und die Inflation in Europa nimmt beängstigende Ausmaße an.
Logistik: Europa nicht „Nabel der Welt“
Die Seefrachtraten für Verkehre von Ostasien nach Nordeuropa lagen im März 2022 zwar immerhin ein Fünftel höher als im Juni. Seit Jahresanfang sind sie aber leicht gesunken. Anders als in Nordamerika scheint die europäische Nachfrage nachzulassen. Wirtschaft und Verbraucher in Europa ächzen unter Kostensteigerungen und hoher Inflation, die sich angesichts des Kriegs in der Ukraine noch rascher entwickeln. Das dürfte die Importe noch länger dämpfen. Das Preisniveau bei der Fracht bleibt dennoch hoch: Die Europa-Route steigt im Prioritäten-Ranking ab. Die Laufzeiten bleiben lang. Die eigentliche Sorge der Hersteller sind schrumpfende Absatzmärkte vor der Haustüre und die Kosten des täglichen Produktionsbetriebs.
Krieg treibt Chaos auf die Spitze
Der Krieg in der Ukraine bringt in Kombination mit den Pandemie-Folgen das Fass zum Überlaufen: Zur Herausforderung global veränderter Produktions- und Beschaffungsmärkte treten zerrüttete Logistikketten. Je komplexer und länger die eigene Kette, desto höher ist das Risiko, von explodierenden Frachtraten und nicht mehr kalkulierbaren Laufzeiten getroffen zu werden.
Teure Regulierung und klamme Verbraucher
Bringt der Absatzmarkt Europa künftig noch genug Ertrag, um diesen gewaltigen Kostenschub zu kompensieren? Auch die Endkunden kämpfen mit steigenden Kosten und müssen zusehen, wie sie ihre verfügbaren Einkommen verteilen. Immer restriktivere Regelungen und eine hohe Abgabenlast machen Europa nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Absatzmarkt unattraktiv. Macht die Politik Ernst mit den neuen Sorgfaltspflichten, wird es extrem teuer.
Teure Energie, teure Rohstoffe
Die deutsche und europäische Energiepolitik belastet die Industrie seit Jahren enorm und hat bestehende Abhängigkeiten vertieft. Exorbitante Energiekosten und eine äußerst unsichere Versorgungslage sind die Folge. Textile Rohstoffe bleiben teuer. Das gilt auch für Rezyklate. Gleichzeitig setzt Europa auf nachhaltige Rohstofferzeugung, im nächsten Schritt sogar auf kreislauffähige Textilwaren. Das ist momentan nicht zu leisten, wird aber dennoch gesetzlich verankert. Europa selbst verfügt kaum über textile Rohstoffe. Für die Politik waren bislang nicht strategisch wichtig. Dadurch wird ein hoher zusätzlicher Kostendruck entstehen.
Aus für Fast Fashion?
Zu den neuen Rahmenbedingungen werden dauerhaft höhere Beschaffungs-, Produktions- und Logistikkosten gehören. Die verfügbaren Einkommen wichtiger Verbrauchergruppen schrumpfen. Gleichzeitig steigt der Anspruch an transparente, umwelt- und sozialgerechte Produktionsketten. Die gute Nachricht ist, dass wertige und langlebige Produkte grundsätzlich besser in diesen neuen Rahmen passen. Die Frage ist, wer das überhaupt noch bezahlen kann. Das Konzept schnelldrehender und sehr preisgünstige Artikel geht jedenfalls nicht mehr auf. Hohe Frachtpreise oder eine CO2-Grenzabgabe wirken sich auf die Kosten im Billigsegment überproportional aus. Gleichzeitig wird ein wachsendes Kundensegment preissensibler einkaufen als bisher.