Am 2. Mai 1974 standen Firmengründer Heinrich Mayer und seine Ehefrau Elsbeth zum ersten Mal an ihrem zwei Meter langen Tisch in der Garage, um Motive auf T-Shirts zu drucken. Der Start erforderte zuerst viel Geduld und dann noch mehr Fleiß. In den achtziger Jahren erreichten Mitarbeiterzahl und Produktionsvolumen ihren Höchststand. Der bald folgenden Abwanderung der Textilindustrie begegnete die Unterdigisheimer Textildruckerei mit einem hohen Anspruch an die eigene Arbeit und viel Mut zum Wandel. Den trieb insbesondere Michael Steidle, Schwiegersohn des Gründers voran. Im Frühjahr 2024 schloss die Umfirmierung von Textildruckerei Mayer zu Mayer GmbH TechConcepts die Transformation formell ab.
„Die verdienen Geld, die Drucker“
In den frühen siebziger Jahren suchte Heinrich Mayer nach einer neuen beruflichen Betätigung; mit seiner Arbeit in der Meßstetter Kaserne war er unzufrieden. Ein Verwandter, der in Tailfingen einen Konfektionsbetrieb hatte, riet zum Motivdruck: „‘Die verdienen Geld, die Drucker‘ sagte Karl Blickle immer“, erinnert sich Heinrich Mayer. Im Alter von 39 Jahren, „schon ziemlich alt“, wie er heute findet, wagte sich Heinrich Mayer in die Selbstständigkeit. Zusammen mit seiner Frau Elsbeth begann er am 2. Mai 1974 mit der Bemusterung der ersten T-Shirts. Bis daraus Aufträge und echte Arbeit wurden, dauerte es noch einige Monate: „Das war schlimm: Wir saßen oft schon um neun Uhr hinterm Haus; wenn noch eine Flasche Wein im Keller lag, haben wir die getrunken, nur damit wir etwas zu tun hatten.“
3.000 Frösche pro Tag bringen den Durchbruch
Die Wende brachte im Oktober 1974 der Auftrag des Tailfinger Unternehmens Ernst Schöller: Es sollten 180.000 Frösche auf T-Shirts gedruckt werden, bis Weihnachten. „Wir arbeiteten in Handarbeit“, erinnert sich Heinrich Mayer. „Zusammen mit früheren Kollegen und zahlreichen Aushilfen konnten wir mehrere Schichten tagsüber und abends besetzen, so dass wir den Auftrag fristgerecht erledigt bekamen. Im Schnitt haben wir 3.000 Frösche pro Tag geschafft.“ Wenig verwunderlich, dass sich Heinrich Mayer an Arbeitswochen mit 100 Stunden erinnern kann.
Bis Mitte der achtziger Jahre entwickelte sich das Geschäft prächtig. Zu dieser Zeit erreichten Volumina wie Mitarbeiterzahl ihren Höchststand: 30 festangestellte Mitarbeiter und bis zu Aushilfen sorgten für eine Tagesproduktion von 12.000 Einzelteilen und 900 kg Meterware.
„Zuerst die Liebe und dann das Geschäft“
Tochter Claudia wusste früh, dass sie den Betrieb übernehmen wollte. Seit Mitte der achtziger Jahre kümmerte sich die ausgebildete Industriekauffrau um das Administrative im Unternehmen. Allerdings: „Offen war noch die Frage, wer der Chef wird“, berichtet Claudia Steidle. „Das war definitiv nichts für mich.“ Im Rückblick hat sie dafür die ideale Besetzung gefunden. „Wobei wirklich zuerst die Liebe und dann das Geschäft kam“, wie sie lachend klarstellt.
Ihr Vater Heinrich Mayer sprach seinen frischgebackenen Schwiegersohn 1993 auf eine Nachfolge an. Michael Steidle hatte gerade die Meisterprüfung zum Elektromechanikermeister und den Betriebswirt des Handwerks abgelegt und arbeitete als Produktionsleiter im Bereich Elektronikfertigung. Das Angebot seines Schwiegervaters nahm er an, bat sich allerdings eine einjährige Probezeit und schonungslose Rückmeldung aus. „Ich habe erst mal einen vierwöchigen Intensivkurs Textil in Reutlingen besucht, ich hatte keine Ahnung, was eine Masche ist“, erinnert sich Michael Steidle. „Trotzdem wusste ich schnell, dass hier mein Platz ist.“
Kein Bier am Arbeitsplatz
Vier Fächer mit Bier gab es im Getränkeautomaten, als Michael Steidle die Textildruckerei Mayer übernahm. „Das habe ich als erstes geändert“, lacht Steidle. „Ich kam aus einer anderen Welt, da lag nichts herum, was nicht zum laufenden Projekt gehörte.“
Nach dem blitzblanken Fußboden kam die Erkenntnis, dass ein Preiskampf für die Textildruckerei Mayer nie zu gewinnen sein würde. „Wir mussten uns stattdessen durch Kompetenz absetzen.“ Schmerzhaft war die Entwicklung trotzdem, gibt Michael Steidle zu: „Über Jahre gingen uns Kunden verloren: Zuerst die Lohnstricker, dann die Wäscheleute und die Oberbekleidung. Gleichzeitig sah ich, dass Siebdruck viel mehr kann, als Kleidung zu bedrucken.“
Michael Steidle knüpfte Kontakte in den Automobilsektor. Die Textildruckerei erhielt Anfragen, Silikone oder PUs auf Textilien aufzubringen – eben per Siebdruck. Den Wendepunkt brachte die Anfrage eines örtlichen Möbelherstellers nach einer technischen 3D-Beschichtung auf einen Arbeitsstuhl. Michael Steidle erinnert sich: „Nachdem wir diese Aufgabe gelöst hatten, traute ich uns den Wandel zu einem industriellen Entwickler zu.“
30 Jahre Auslandserfahrung
Chemnitz, Tunesien, Griechenland und Bulgarien: Ebenso wie die Kunden ihre Fertigung ins Ausland verlagerten, gründete auch die Textildruckerei Niederlassungen an Standorten mit niedrigeren Lohnkosten. Die Textildruckerei im griechischen Kavala entstand auf direkte Anregung eines langjährigen Kunden und Kindermodenherstellers, der „seinen“ Textildrucker in der direkten Nachbarschaft zu seinem eigenen Auslandswerk wissen wollte. „Das war menschlich wie geschäftlich eine tolle Erfahrung“, sagt Claudia Steidle über knapp 20 Jahre Produktion in Griechenland. 2011 zog der Betrieb nach Bulgarien um, bis ihn Claudia und Michael Steidle 2023 verkauften.
Fit für die Zukunft: Technische Lösungen und Entwicklungsdienstleistungen
Mittlerweile lebt das Unternehmen von seinen technischen Lösungen. Neben der Keramikbeschichtung sind das vor allem Flächenlösungen mit Sensorik, beispielsweise ein leicht formbares Material ausgestattet mit einem flächigen Drucksensor, welches bei medizinischen Geräten zum Einsatz kommt. Ein anderes Beispiel ist eine Flächenheizung, die durch Druck aktiviert wird.
Dass diese Ausrichtung heute und in Zukunft tragfähig ist, davon ist Michael Steidle überzeugt: “Das Unternehmen Mayer GmbH TechConcepts steht für kundenindividuelle Beschichtungs- und Sensorik-Lösungen sowie Entwicklungsdienstleistungen und ist damit ein wertvoller Partner für Medizintechnik, Automobil- und Möbelindustrie.”