Am 23. Februar hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine EU-Lieferkettenrichtlinie präsentiert. Der Vorschlag der Kommission schafft neue unverhältnismäßige Anforderungen für viele mittelständische Unternehmen in der Textil- und Modebranche. Dort sollte eigentlich eine Entbürokratisierungsoffensive das Gebot der Stunde sein. Dabei haben die Unternehmen von Brüssel zwar einheitliche, aber auch in der Praxis handhabbare Reglungen erwartet, um EU-weit auf einer gemeinsamen gesetzlichen Grundlage zu agieren. Die Branche wird die Diskussion um eine europäische Lieferkettenrichtlinie deshalb weiter konstruktiv und kritisch begleiten.
Von der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen, unternehmen mittelständische Firmen der deutschen Textil- und Modeindustrie große Anstrengungen, das Wissen und die Kontrolle entlang ihrer Lieferketten ständig auszubauen – und zwar ohne dazu gesetzlich angehalten zu werden. Längst stellt sich die Branche ihrer Verantwortungen, auf fairen Sozial- und Umweltstandards in der Lieferkette zu achten. Was die Unternehmen laut Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Lieferkettenrichtlinie jetzt alles regeln und dafür haften sollen, geht an jeglicher Realität vorbei.
„Schade, dass Brüssel nichts aus der Diskussion um unser nationales Lieferkettengesetz gelernt hat. Das heute vorgeschlagene staatliche Überwachungssystem mit seiner systemfremden Gefährdungs- und Sicherstellungshaftung in der Lieferkette ist ein theoretisches Konstrukt, das komplett an den Möglichkeiten mittelständischer Unternehmen vorbei geht. Dabei stellt die Europäische Kommission die Textil- und Modebranche quasi unter einen Generalverdacht. Die Schlechterstellung von Textil und Mode gegenüber anderen Industrien entspricht nicht der Realität. Gerade die deutsche Textil- und Modeindustrie zeigt auch im internationalen Vergleich einen hohen Grad an unternehmerischer Verantwortung. Das gilt auch für die mittelgroßen Unternehmen unserer Branche, die durch die Einbeziehung in den Geltungsbereich der Neuregelung besonders hart getroffen werden. Ihr wirtschaftliches Engagement und ihr Knowhow-Transfer tragen erheblich zu nachhaltigem Wachstum und höherer Beschäftigung in Entwicklungs- und Schwellenländern bei.“
Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie.