Das PEM-Übereinkommen ist ein zentrales Instrument für den zollfreien Warenverkehr in und um Europa. Zum 1. Januar 2025 soll das modernisierte Regionale Übereinkommen über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzregeln (PEM) umgesetzt werden und die bisherigen Regeln endgültig ablösen. Doch kurz vor Torschluss sind nicht alle der 25 Vertragsparteien bereit für die fristgerechte Umsetzung. Was passiert nach dem Jahreswechsel?
Dieser Beitrag skizziert den Sachstand zum 20. Dezember 2024. Übergangsregeln und der Länderkreis, für den die neuen Regeln bereits anwendbar sind, stehen erst nach Veröffentlichung des entsprechendem Beschluss des PEM-Ausschusses und der neuen Matrix im EU-Amtsblatt endgültig fest. Durch die denkbar späte Veröffentlichung erhalten die Wirtschaftsbeteiligten praktisch keine Zeit zur Vorbereitung.
Zwei Regelwerke für 2025
„Am 7. Dezember 2023 hat der Gemischte Ausschuss des Regionalen Übereinkommens über Paneuropa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln ein neues Paket von Ursprungsregeln angenommen, das am 1. Januar 2025 in Kraft treten wird“ – diese Information ist seit Monaten so auf der Homepage der EU-Generaldirektion Zoll und Steuern zu lesen. Doch es gibt Sand im Getriebe. Auch wenn vor einem Jahr ihr Bekenntnis anders lautete, dürften bis zum Stichtag nicht alle Teilnehmerstaaten bereit für die Umstellung sein. Deshalb musste der Gemischte Ausschusses des PEM-Übereinkommens bei seinem Treffen Mitte Dezember noch in aller Eile Übergangsbestimmungen verabschieden. Insbesondere sollen Ursprungsnachweise auf Basis des alten Regelwerks für ein weiteres Jahr anerkannt werden. Damit soll es 2025 zwei parallel bestehende Kumulierungszonen geben.
Parallele Anwendung alter und neuer Regeln
Unternehmen steht es im Jahr 2025 frei, die alten oder die neuen, „revidierten“ Ursprungsregeln anzuwenden. Bei den Kumulierungsmöglichkeiten im Rahmen der alten Ursprungsregeln ergeben sich keine Änderungen. Die neue Kumulierungszone mit dem modernisierten Regelwerk soll sukzessive wachsen, bis alle entsprechenden Freihandelsabkommen angepasst sind. Welche Kumulierungen, also „Länderkombinationen“, bereits funktionieren, zeigt bereits seit 2021 eine fortlaufend zu aktualisierende Kumulierungsmatrix für die revidierte PEM-Zone. Insbesondere die Türkei hat die neuen Regeln immer noch nicht umgesetzt. Als wichtiger Handelspartner im Textilbereich bremst sie die Anwendung der neuen Regeln dadurch bisher aus.
Laut einer Vorab-Information der DG TAXUD zur neuen Matrix wird die Türkei die neuen Regeln ab 01.01.2025 anwenden. In den kommenden Wochen sollte sich klären, welche Kumulierungen / Dreiecksverkehre dann auf Basis der neuen Regeln und bei Einbindung der Türkei funktionieren.
Was ändert sich durch die modernisierten Regeln?
Die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens wurden deutlich modernisiert und liberalisiert. Neue Listenregeln und neue Möglichkeiten der Kumulierung erlauben mehr Flexibilität beim Ursprungserwerb. Zusätzliche Varianten ursprungsbegründender Be- und Verarbeitungen machen die Listenregeln im Textil- und Bekleidungsbereich allerdings auch komplexer. Höhere Toleranzen und Lockerung des sog. Drawback-Verbotes schaffen zusätzliche Spielräume, ebenso gewisse Ausnahmen beim Territorialitätsprinzip oder beim Prinzip der Nichtveränderung bei der Durchfuhr durch Drittstaaten. Als Ursprungsnachweise gelten künftig die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 und die Ursprungserklärung auf der Rechnung – ohne Kumulierungsvermerk. EUR-MED und die Ursprungserklärung EUR-MED werden abgeschafft.
Nähere Informationen zu den wesentlichen Merkmalen des neuen Regelwerks stehen im Mitgliederbereich zur Verfügung:
Übergangsregeln
Ursprungsnachweise, die im Rahmen der revidierten Regeln ausgestellt werden, sind bis 31. Dezember 2025 entsprechend zu kennzeichnen: In Rubrik 7 der Warenverkehrsbescheinigung ist der Hinweis „REVISED RULES“ (in englischer Sprache) zu vermerken. In der Ursprungserklärung wird dieser Vermerk am Ende des Textes angebracht.
Stand Dezember 2024 sind die neuen Ursprungsregeln bereits für folgende Länder* anwendbar: EU, Schweiz, Liechtenstein, Island, Norwegen, Färöer, Jordanien, Palästinensische Gebiete, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Moldau, Georgien, Ukraine. (*Ägypten: Noch nicht veröffentlicht).
Durchlässigkeit
Damit in der PEM-Zone diagonal kumuliert werden kann, müssen alle betroffenen Freihandelsabkommen identische Ursprungsregeln aufweisen. Viele Abkommen der PEM-Zone enthalten aber zum 1. Januar 2025 noch keine sog. „dynamische Referenz“ auf das neue PEM-Übereinkommen, weshalb in diesen Abkommen noch die alten Regeln gelten.
Um die bisher bestehenden Kumulierungsmöglichkeiten aufrechtzuerhalten, ist das System durchlässig gestaltet: Ursprungsnachweise von Lieferanten, die noch nach den alten Regeln ausgestellt sind, können aufgrund dieser Durchlässigkeit für Kumulierungszwecke im Rahmen der revidierten Regeln verwendet werden. Die Durchlässigkeit ist in umgekehrter Richtung jedoch nicht anwendbar. Die Durchlässigkeit kann u. a. für die Kapitel 25 bis 97 bis zum 31. Dezember 2028 angewendet werden.
Anerkennung von vor 2025 ausgestellten Präferenznachweisen
Vor dem 1. Januar 2025 ausgestellte Präferenznachweise werden auch nach dem 1. Januar 2025 im Rahmen ihrer Gültigkeit für die Gewährung einer Präferenzbehandlung bei der Einfuhr von Waren anerkannt, die sich am 1. Januar 2025 entweder im Versandverfahren befinden oder in ein besonderes Verfahren unter zollamtlicher Überwachung überführt wurden. Wurden vor dem 1. Januar 2025 Präferenznachweise gemäß den Übergangsregeln (Transitional Rules) ausgestellt, können diese für die Kumulierung im Rahmen des neuen, revidierten Übereinkommens verwendet werden.
Regeln ab 2026
Ab dem 1. Januar 2026 sollen im gesamten PEM-Raum nur noch die Regeln des revidierten PEM-Übereinkommens gelten.
Nur noch die neuen Ursprungs- und Kumulierungsregeln sind anwendbar. Da die alte PEM dann nicht mehr existiert, werden Vertragsparteien, die bis Ende 2025 immer noch keinen Verweis auf das neue PEM-Übereinkommen gemacht haben, von der PEM-Kumulierung ausgeschlossen.
Ursprungsnachweise, die nach dem Inkrafttreten der Anpassung des Freihandelsabkommens ausgestellt wurden, müssen den Vermerk „Revised Rules“ enthalten, ansonsten sind sie ungültig.
Ursprungsnachweise, die vor dem 1. Januar 2026 im Rahmen der alten Regeln ausgestellt wurden (ohne Vermerk „Transitional Rules“ bzw. „Revised Rules“), aber erst nach dem 1. Januar 2026 innerhalb ihrer Gültigkeitsfrist vorgelegt werden, werden für die präferenzielle Einfuhr von Waren anerkannt, die sich im Versandverfahren oder einem Verfahren unter zollamtlicher Überwachung befinden. Sie dürfen für die Kumulierung verwendet werden.
↘ Silvia Jungbauer, jungbauer@gesamtmasche.de