Mit ihrem nunmehr 12. Sanktionspaket dreht die EU weiter an der Sanktionsschraube, um Russland technologisch, finanziell und wirtschaftlich zu schwächen. Mit Verordnung (EU) 2023/2878 vom 18. Dezember 2023 hat die EU ihre restriktiven Maßnahmen gegenüber Russland weiter verschärft. Kern des zwölften Sanktionspakets sind neue Ein- und Ausfuhrverbote und eine strengere Überwachung der Ölpreisobergrenze. Auch die Bereitstellung von Unternehmens- und Designsoftware ist verboten. Für Güter auf der Ausfuhrliste gilt ein Durchfuhrverbot durch Russland. Sanktionsumgehungen sollen effektiver bekämpft, Verstöße noch strenger bestraft werden. Die Maßnahmen zeigen ihre Wirkung. Doch nicht alle treffen ins Schwarze: So treibt das Einfuhrverbot für Eisen und Stahl aus Russland merkwürdige Blüten. Auch beim Thema Luxusgüter gibt es manche böse Überraschung. Wer auch Geschäfte mit den USA macht, sollte besondere Vorsicht walten lassen.
Einfuhrverbot für Eisen und Stahl auch für Kleinteile und Zutaten
Auch EU-Hersteller unkritischer Waren bekommen die Sanktionen zu spüren – selbst wenn sie keine Wirtschaftskontakte nach Russland haben. So hat die EU bereits mit ihrem elften Maßnahmenpaket das Einfuhrverbot für Eisen- und Stahlerzeugnisse aus Russland (Annex XVII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014) auf Importwaren ausgedehnt, die russische Vormaterialien enthalten. Für jeden BH-Bügel, jede Nähnadel, jede Schraube und jedes Metallornament aus Drittländern ist zu beweisen, dass das Vormaterial nicht aus Russland stammt. Eine Mengen- oder Wertschwelle gibt es nicht. Die EU-Kommission verweist in ihren FAQ auf sog. Mill Test Certificates der Metalllieferanten als geeignetes Nachweismittel – für Bezieher von Kleinteilen und Zutaten eher ungeeignet. Auch schriftliche Erklärungen des Zulieferers, Lieferantenerklärungen oder Qualitätszertifikate werden angeführt. Bei den genannten Dokumenten ist jedoch Vorsicht angebracht: Der Ursprung der Vormaterialien lässt sich dadurch nicht immer beweisen. In jedem Fall sollten Einführer Vorsorge treffen, um im Falle einer Außenwirtschaftsprüfung entsprechende Nachweise vorlegen zu können.
Jedermannspflicht
Ebenso Teil des elften Maßnahmenpakets ist die sog. „Jedermannspflicht“. Sie verpflichtet natürliche und juristische Personen zur Weitergabe von Informationen über Sanktionsverstöße. Demnach wäre es z. B. dem BAFA zu melden, wenn Auslandskunden sanktionierte Waren nach Russland weiterliefern. Erfüllen Unternehmen diese Mitteilungspflicht, droht ihnen selbst u. U. ein Ermittlungsverfahren.
Luxusgüter: Ausfuhrverbot und Verkaufsverbot im Einzelhandel
Für Textilfirmen, die weiterhin nach Russland liefern, ist Anhang XVIII mit der Liste der Luxusgüter nach Artikel 3h relevant. Zahlreiche textile Fertigwaren und Schuhe sind hier gelistet. Als Luxusgüter definiert sind Waren ab einem Sendungswert von 300 Euro pro Stück. Was für Wäsche und Strumpfwaren unproblematisch scheint, wird für Mäntel, Anzüge oder hochwertige Bodenbeläge schnell zum K.-o.-Kriterium. Für Luxusgüter gilt auch ein Verkaufsverbot im stationären Einzelhandel. Das Verbot greift, sofern dem Verkäufer bekannt ist, dass der Käufer in Russland ansässig ist.
Sanktionen der USA gegen Russland
Auch die USA haben eine ganze Reihe von Sanktionen gegen Russland erlassen. Unter anderem stehen mehrere Hundert natürliche und juristische Personen in die Liste Specially Designated Nationals and Blocked Persons List (SDN List), darunter auch Personen in Drittländern, Mitgliedstaaten der EU eingeschlossen. Die US-Listen sind als Sekundärsanktionen ausgestaltet. Das bedeutet, dass auch Nicht-US-Personen an die Sanktionen gebunden sind, auch bei Geschäften, die keinen Bezug zu den USA haben. Unternehmen mit Handelsbeziehungen in die USA sollten daher auch die entsprechenden US-Sanktionslisten prüfen.