Die hohen Schutzzölle der USA auf Waren aus aller Welt sorgen in der Textil- und Bekleidungsbranche für große Verunsicherung. Zwar haben die USA am 9. April eine 90-tägige „Zollpause“ ausgerufen. Doch wenn die Verhandlungen in diesem Zeitfenster scheitern, droht auch die EU mit Gegenzöllen.

Silvia Jungbauer, Hauptgeschäftsführerin Gesamtmsche: „Die USA sind unser wichtigster Exportmarkt außerhalb Europas. Gerade jetzt, in Zeiten hoher Kosten und schwacher Umsätze, trifft der Zollstreit die Branche hart. EU-Kommission und Bundesregierung müssen die Zollpause nutzen und sich vehement für eine rasche Entschärfung des Konflikts einsetzen. Textilwaren unterliegen in den USA bereits ohne Zusatzzölle hohen Tarifen, die je nach Produkt 15, 20 und mehr Prozent betragen.“Schwere Belastung für die deutsche Textilbranche
Schwere Belastung für die deutsche Textilbranche
Die Betroffenheit der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie geht über die direkte Zollbelastung hinaus. Denn daneben drohen Umlenkungseffekte auf die weltweiten Handelsströme. Gesamtmasche hofft daher auf starkes Engagement der EU in Verhandlungen mit den USA.
Re-Retorsion?
Am 9. April haben die EU-Mitgliedstaaten ein Maßnahmenpaket abgesegnet, das die Einführung von Gegenzöllen in drei Stufen vorsieht, sollten die Verhandlungen mit den USA nicht fruchten. Auf den Retorsionslisten stehen, trotz des Protest der Branche in ganz Europa, auch zahlreiche Textil- und Bekleidungsprodukte.25-prozentige EU-Zölle auf Textilwaren könnten den Konflikt zulasten der Branche eskalieren lassen. Exportorientierte EU-Hersteller wäre davon weitaus mehr betroffen als Hersteller in den USA. Doch noch gibt es Hoffnung auf den Verhandlungsweg, mit bilateralen Zollsenkungen und dem Abbau nicht-tarifärer Hemmnisse auf beiden Seiten des Atlantiks.
Zölle auf China-Ware: 170 % und mehr möglich
Nach dem jüngsten US-Zollschritt von 84 auf 125 Prozent steigt die Zusatzlast für chinesische Waren bei Hinzurechnung älterer Maßnahmen auf 152,5 Prozent – so von Trump angekündigt am 9.April per Social Media Post. Dazu kommt der normale Zoll, so dass die effektive Zollbelastung für viele Bekleidungsprodukte schnell um die 170 Prozent erreicht. Dazu kommt womöglich der 25-Prozent-„Ölzoll“ für Abnehmer venezolanischen Öls. Deutsche Firmen, die in China produzieren lassen, müssen daher schnell nach Alternativen suchen, wenn sie in den USA wettbewerbsfähig bleiben wollen. Das dürfte den direkten Umlenkungseffekt der Zölle noch verstärken. Auch Ware aus anderen asiatischen Ländern könnten bald hohe Zölle drohen. So sind Vietnam mit 46 und Bangladesch mit 37 Prozent Zusatzzoll gelistet.