Seit zwei Jahren entwickelt sich der Wollpreis kontinuierlich nach oben. Im Sommer 2018 erreichte er ein historisches Hoch. Viele glauben an ein langfristig höheres Niveau. Letztlich sind höhere Preise unausweichlich – und unbedingt gerechtfertigt.
Wolle überzeugt seit jeher mit angenehmen und praktischen Trageeigenschaften. Doch vor ein paar Jahren noch gab so mancher australische Wollproduzent die unrentabel gewordene Produktion auf. Inzwischen ist die Nachfrage erheblich gestiegen. Das liegt an verändertem Lifestyle mit Trend zur Naturfaser, am stärkeren Einsatz von Wolle im Sport- und Outdoor-Bereich – und vor allem am wachsenden Konsumhunger Chinas. Die Mittelschicht zählt über 100 Millionen Menschen. Auch wenn das Wirtschaftswachstum derzeit abflacht, hat sich das Land in den letzten Jahren zu einem der größten Nachfrager von Premiumartikeln entwickelt.
Für hochwertige Fasern sind Kunden eher bereit, einen entsprechenden Preis zu bezahlen – sollte man meinen. Die Wahrheit ist, dass sich Faserpreiserhöhungen nur schwer und sehr langsam über die Wertschöpfungsketten hinweg durchsetzen lassen. Diese Erfahrung musste die Branche bereits bei der letzten Baumwoll-Hausse machen. Auch bestimmte Chemiefasertypen erfahren regelmäßige Preisschübe, die die faserverarbeitende Industrie oft nicht weitergegeben kann. Langfristig werden Handel und Endkunden aber nicht um höhere Preise herumkommen. Wolle als Naturprodukt ist nicht beliebig reproduzierbar. Die Aufstockung der Schafbestände nimmt Jahre in Anspruch. Industrie und Endverbraucher erwarten akzeptable Bedingungen bei Haltung und Schur und verlangen zunehmend auch Bio-Wolle und Rückverfolgbarkeit. Einige Hersteller setzen gerade deshalb auf die Traditionsfaser und sichern sich ihren Zugang zu hochwertigen Quellen. Jüngstes Beispiel ist die Beteiligung der italienischen Marzotto-Gruppe am Wollgroßhändler G. Schneider New Zealand.
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